Sieben sogenannte "Ich-bin-Worte" Jesu aus dem Johannesevangelium laden zur Meditation ein. Entstanden ist das Projekt in ökumenischer Zusammenarbeit – mit Beteiligung aus Deutschland und Tschechien.

"Die Idee kam aus der Gemeinde", erzählt Pfarrer Hans Christian Neiber. Jemand habe angeregt, in Wunsiedel einen Meditationsweg einzurichten. Vergleichbare Angebote gibt es bereits in der Region – etwa eine Installation aus Marmortafeln "zu den Seligpreisungen" in Wunsiedel selbst, oder einen Vaterunser-Weg in Marktredwitz. Dennoch war für die Initiatoren klar: Auch Wunsiedel soll seinen eigenen geistlichen Weg erhalten – mit einem eigenständigen inhaltlichen Konzept und starkem ökumenischem Fundament.

Aus dem Ort – für den Ort

Was nun in einem feierlichen Gottesdienst an Ostermontag eingeweiht wurde, ist das Ergebnis von drei Jahren intensiver Zusammenarbeit. Eine ökumenische Arbeitsgruppe mit zahlreichen Ehrenamtlichen trug die Verantwortung für Planung, Konzeption und Umsetzung. Unterstützt wurde sie von den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden, aber auch von Schulen, Chören und Partnergemeinden. "Wenn man alle Mitwirkenden zusammenzählt, kommen wir auf rund 100 Beteiligte", so Neiber. Besonders stolz ist man in Wunsiedel auf die Einbindung der tschechischen Partnergemeinden aus Ostrov – evangelisch wie katholisch. "Sie haben jeweils eine der sieben Stationen mitgestaltet", erzählt der Pfarrer. So wurde aus einem geistlichen Projekt auch ein Stück gelebte Völkerverständigung.

Alltagsnahe Theologie

Inhaltlich stehen die sieben "Ich-bin-Worte" Jesu im Mittelpunkt – bekannte Aussagen wie "Ich bin das Licht der Welt" oder "Ich bin die Tür". Sie stammen aus dem Johannesevangelium und verbinden alltägliche Bilder mit tiefgehenden theologischen Aussagen. "Diese Worte sind prägnant und zugleich zugänglich", sagt Neiber. "Begriffe wie Brot, Weg oder Licht sind Dinge, die Menschen auch heute noch intuitiv verstehen. Und genau das wollten wir: einen niedrigschwelligen Zugang zum Glauben ermöglichen."

Der Weg beginnt – oder endet – an der Kapelle oberhalb von Wunsiedel, kann aber auch in umgekehrter Richtung begangen werden. "Es gibt kein festes Oben oder Unten", betont Neiber. "Beide Richtungen sind möglich – und beide haben ihren Reiz." Am Anfang und Ende stehen zwei Stelen aus wetterfestem Cortenstahl. Sie sind schräg geneigt, wie aufgeschlagene Bücher gestaltet, mit klappbaren Tafeln, die zusätzliche meditative Texte enthalten. Sie dienen als Auftakt und Abschluss des geistlichen Weges.

Dazwischen sind entlang der Allee sieben massive Granitriegel in den Boden eingelassen – rund zwei Meter lang, aus leicht bläulich schimmerndem regionalem Granit. Auf ihnen stehen die "Ich-bin-Worte" Jesu – bergauf auf Deutsch, bergab auf Tschechisch. "Uns war wichtig, einheimische Materialien zu verwenden – und mit der Zweisprachigkeit die Verbindung zu unseren tschechischen Partnern auch sichtbar zu machen", so Neiber.

Wer sich weiter vertiefen möchte, kann auf die begleitende Homepage zugreifen. Dort finden sich zusätzliche Informationen zu den Texten, den Mitwirkenden und zum theologischen Hintergrund der einzelnen Stationen. Die Adresse: Hier geht's zur Webseite.

Viele Schultern, ein Ziel

Auch die Finanzierung des Projekts war ein Gemeinschaftswerk. Unterstützt wurde der Meditationsweg unter anderem von der Oberfrankenstiftung, der Heinrich-Benno-Schäffler-Stiftung, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche, dem Kirchenkreis sowie der örtlichen LEADER-Aktionsgruppe. Dazu kamen Spenden und Eigenmittel der beiden Kirchengemeinden. "Ohne diese breite Unterstützung wäre das Projekt nicht möglich gewesen", sagt der Wunsiedler Pfarrer.

Und fertig ist der Weg noch lange nicht: Die Homepage soll weiterentwickelt, Erfahrungen ausgewertet und vielleicht auch neue Ideen umgesetzt werden. "Wir verstehen den Weg als work in progress", so Neiber. "Es ist ein lebendiger Weg – und das soll er auch bleiben."

Ein Impuls für die Region

Mit dem Meditationsweg ist in Wunsiedel ein besonderer Ort entstanden – einer, der nicht nur die Natur in Szene setzt, sondern auch zur inneren Einkehr einlädt. Gerade in einer Zeit, in der viele Menschen nach Orientierung suchen, kann ein solcher Weg ein wichtiges geistliches Angebot sein.

"Wir wollten im öffentlichen Raum ein Zeichen setzen", so der Wunsiedler. "Ein Ort, an dem Menschen der Botschaft Jesu begegnen können – vielleicht gerade da, wo sie es am wenigsten erwarten: mitten in der Natur."

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