Vergleichsweise kleine Influencer*innen und Influencer mit wenigen Followern haben nach Ansicht der Hamburger Medienforscherin Leonie Wunderlich mehr Einfluss auf junge Menschen als die bekannten Gesichter der Szene. In Einzelinterviews mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen habe sich gezeigt, dass vor allem solche Social Media Influencer als Persönlichkeiten wahrgenommen würden, die klein, nahbar und authentisch seien, sagte Wunderlich dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Bielefeld.

"Sie haben eine große Vorbildfunktion und Identifikationspotenzial."

Die Doktorandin am Leibniz Institut für Medienforschung untersucht die Meinungsbildung junger Menschen und den Einfluss der sozialen Medien.

Bibi und Kardashians zu abgehoben

Mega-Influencerinnen und Influencer wie Bibis Beautypalace oder die Kardashians würden von den befragten Jugendlichen dagegen oft als abgehoben eingestuft. Sie böten jungen Menschen aber eine "Flucht aus dem Alltag", erklärte Wunderlich.

"Ihr 'perfektes' und schönes Leben zeigt, dass nicht alles schlecht ist."

In den Interviews hätten die jungen Nutzer*innen das oft mit der Sehnsucht nach positiven Inhalten bei all den negativen Nachrichten erklärt. "Wenngleich ein Bewusstsein dafür vorhanden ist, dass nicht alles so perfekt ist, wie es dargestellt wird. Aber die Illusion reicht aus."

Vermeintliche Authentizität wichtig

Einige junge Menschen schätzten es mehr, wenn Social Media Influencer*innen zeigten, "dass eben nicht alles immer gut läuft", sagte Wunderlich. "Das sorgt für Authentizität." Der Eindruck von Echtheit verstärke das Gefühl der Zugänglichkeit, was die Grundlage für den Aufbau affektiver Beziehungen bilde, erläuterte die Wissenschaftlerin.

Auf der Suche nach nachrichtlichen Informationen im Internet gelte für die meisten Befragten allerdings:

"Social Media Influencer werden in erster Linie nicht damit verbunden und von den meisten nicht als seriöse Quelle eingestuft."

Nur einzelne Persönlichkeiten, die sich auch mit politischen Inhalten beschäftigten oder sich einem spezifischen Thema widmeten, würden akzeptiert. Als Beispiel nannte die Medienforscherin den YouTuber Rezo oder den Influencer und Juristen Tim Hendrik Walter aus Unna, der als "Herr Anwalt" auf TikTok alltägliche Rechtsfragen beantwortet.

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