Als herausragendes Dokument deutscher Freiheitsgeschichte hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die 500 Jahre alten "Zwölf Artikel" der Memminger Bauernschaft bezeichnet. Schon damals hätten ihre Verfasser "die Idee eines universalen und unveräußerlichen" Rechts auf Menschenwürde formuliert, sagte der Bundespräsident beim Festakt zur Eröffnung des Jubiläumsjahrs in der Memminger Kirche St. Martin. Ebenso habe die Programmschrift der Aufständischen schon 1525 die Forderung nach einer politischen Ordnung enthalten, "in der auch die Herrschenden an für alle geltende Regeln gebunden sind".

Es sei "höchste Zeit", die Memminger Freiheitskämpfer "auf die Landkarte unserer nationalen Erinnerung zu setzen", erklärte Steinmeier: "Sie legten die ersten Körner der Saat, aus denen viel später unsere freiheitliche Demokratie wachsen konnte."

Die Demokratie sei derzeit Angriffen von innen wie von außen ausgesetzt. Dabei beriefen sich gerade jene auf historische Freiheitsbewegungen, "die gegen demokratische Institutionen hetzen und Freiheit nur für sich selbst oder für ihre Gruppe gelten lassen wollen", kritisierte das Staatsoberhaupt bei der Festveranstaltung, an der auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Kultusstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) teilnahmen.

Demokratie und Widerstand

Wer aber heute behaupte, dass man in Deutschland "Widerstand" gegen Unfreiheit und Bevormundung leisten müsse, vergesse eines: "Damals riskierten und verloren mutige Menschen ihr Leben im Kampf für Freiheit und Demokratie." Bis zu 100.000 Menschen seien in den Bauernkriegen an Orten von Baden-Württemberg bis Sachsen-Anhalt für ihren Freiheitskampf gestorben - eine für damalige Verhältnisse "ungeheuerliche Zahl", so Steinmeier.

Heute hingegen könnten in einer freiheitlichen Demokratie alle ihren "Protest äußern und friedlich um den richtigen Weg ringen." Das sei der entscheidende Unterschied, so Steinmeier. "Begegnen wir den Bedrohungen von Freiheit nicht mit Gleichgültigkeit", forderte der Bundespräsident. Die Freiheitsgeschichte, die von Memmingen ausgegangen sei, sei eine Verpflichtung: "Das späte Erbe, das wir genießen dürfen, das Erbe der Aufständischen von 1525, das dürfen wir niemals wieder aus der Hand geben!"

Ab Sonntag (16. März) zeigt das Haus der bayerischen Geschichte zum Jubiläumsjahr "500 Jahre Zwölf Artikel" die Ausstellung "Projekt Freiheit - Memmingen 2025". Sie ist bis 19. Oktober im Dietrich-Bonhoeffer-Haus zu sehen.

Ausstellung

Anlässlich des 500. Gedenkens veranstalten das Haus der Bayerischen Geschichte und die Stadt Memmingen im Jahr 2025 von 16. März bis 19. Oktober eine Bayernausstellung, in der die Geschichte rund um die "Zwölf Artikel" beleuchtet wird. Anhand von Ausstellungsstücken, spannenden Inszenierungen, Medien- und Hands-On-Stationen tauchen die Besucherinnen und Besucher ein in die heute fremd anmutende Welt des frühen 16. Jahrhunderts, stoßen aber auch auf durchaus modern wirkende Elemente – gerade bei der Frage nach der Freiheit.

Im März 1525 begehren die Bauern auf und Memmingen gerät in den Blickpunkt der Geschichte: Die Abgesandten der oberschwäbischen Bauern versammeln sich in der Kramerzunftstube, beraten ihr weiteres Vorgehen und schließen sich zu einer "Christlichen Vereinigung" zusammen. Unmittelbar nach dem Treffen tritt mit den "Zwölf Artikeln" die wichtigste Schrift des Bauernkriegs ihren Siegeszug an. Die darin formulierten Forderungen hatten es in sich, denn die Bauern verlangten nichts weniger als "dass wir frei sind und sein wollen" – ein unerhörter Vorgang! Schnell wurden die "Zwölf Artikel" zu einer Art ‚Bestseller‘ mit einer riesigen Auflage. Heute gelten sie als eine der frühesten Forderungen nach Freiheitsrechten in Europa.

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