Egal aus welcher Richtung man sich dem Gebiet des evangelischen Dekanats Coburg nähert, das Wahrzeichen der Stadt fällt sofort in den Blick: Die Veste Coburg aus dem 10. Jahrhundert, die mit ihren gewaltigen Mauern und Türmen auf einem Berghügel thront.

Evangelisches Dekanat Coburg: "Reformationsstadt Europas"

Dank dieses Wahrzeichens ist Coburg "Reformationsstadt Europas" und die wichtigste Lutherstadt in Bayern. Wie keine andere Stadt im Freistaat ist das oberfränkische Coburg im Kirchenkreis Bayreuth mit dem Reformator aus Eisleben verbunden.

Auf der Veste Coburg lebte Martin Luther sechs Monate des Jahres 1530, während des Augsburger Reichstages. Am 15. April, Karfreitag, kam Luther im Gefolge des sächsischen Kurfürsten Johann des Beständigen in Coburg an. Der Reformator und der Kurfürst reisten zusammen mit den reformatorischen Theologen Philipp Melanchthon und Justus Jonas von Wittenberg zum Reichstag nach Augsburg. In Coburg machten sie Station. Die Osterfeiertage über predigte Luther in der Morizkirche im Zentrum der Stadt.

Luther auf der Veste Coburg

Der Kurfürst war ein Anhänger der Lehre Luthers und förderte die reformatorische Bewegung. Doch nach Augsburg musste Johann der Beständige ohne Luther weiterreisen und Luther in Coburg zurücklassen. Denn die freie Reichsstadt Nürnberg hatte dem Reformator die Herberge während des Augsburger Reichstages verweigert.

Näher heran ans politische Geschehen mit Kaiser Karl V. konnte sich Luther als Geächteter (er war mit "Reichsacht" und "Kirchenbann" belegt worden) nicht wagen, da der Weg nach Augsburg über katholisches Gebiet führte. Deshalb hielt er sich ab dem 24. April 1530 auf der Burg auf, die ihm im Süden des Kurfürstentums Sachsen – zu dem Coburg nach 1485 gehörte – Schutz bot. Über Gesandte bekam Luther mit, was in Augsburg debattiert wurde. Die Tagesordnungen wurden vom Religionskonflikt dominiert. Statt Luther vertrat Philipp Melanchthon, der Verfasser der "Augsburger Konfession" beim Reichstag in Augsburg die Position der Reformatoren.

Hier übersetzte Luther einen Teil der Bibel

Während seiner Zeit in der Burg, die bis zum 4. Oktober dauerte, übersetzte Luther unter anderem einen Teil der Bibel ins Deutsche. So ist belegt, dass er an den Propheten Jeremia und Ezechiel arbeitete, die zwölf kleinen Propheten und die "Coburger Psalter" (Psalm 1-25) übersetzte. Außerdem schrieb er 120 Briefe in 172 Tagen.

Sein Arbeitszimmer auf der Veste, die "Lutherstube" kann man sich vor Ort anschauen, aber inzwischen auch online per 3D-Simulation durch den Raum spazieren.

Diese Zeit Luthers in Coburg ist der historisch bekannteste und wichtigste Aufenthalt des Reformators in der Stadt. Doch bereits in den Jahrzehnten davor hatte Martin Luther hier immer wieder Rast gemacht. Etwa während seiner Pilgerreise nach Rom 1510 und 1511, auf dem Weg zur Heidelberger Disputation 1518 und im selben Jahr zum Verhör nach Augsburg.

Aus all diesen Gründen führt natürlich auf dem "Lutherweg" kein Weg an Coburg vorbei. Die Route, die Pilger und Wanderer durch mehrere Bundesländer zu bedeutenden Luther-Orten führt, durchzieht in Bayern auf knapp 100 Kilometern das Coburger Land.

Coburg als protestantische Stadt

Nach der Reformation war Coburg jahrhundertelang eine protestantische Stadt. Im Jahr 1910 etwa sollen über 96 Prozent der Bevölkerung der evangelischen Landeskirche angehört haben (heute sind es um die 60 Prozent). Wobei die Landeskirche von damals eine andere war als heute: Oberhaupt war der jeweilige Herzog von Sachsen-Coburg.

Das änderte sich erst nach 1920, als sich die Bürger des damaligen Freistaats Coburg bei einer Volksabstimmung für einen Anschluss an Bayern aussprachen – und damit gegen Thüringen. 1921 schloss sich die Evangelische Landeskirche Coburg der Evangelischen-Lutherischen Landeskirche Bayerns (ELKB) an.

51 Kirchengemeinden gehören zum Dekanat

Zum Dekanat Coburg gehören heute 51 Kirchengemeinden mit insgesamt rund 72.000 Gemeindemitgliedern. Geleitet wird das Dekanat von zwei Dekanen: Stefan Kirchberger und Andreas Kleefeld.

Das Besondere an dem Dekanat ist auch, dass es immer wieder mit innovativen Projekten von sich reden macht. Erst kürzlich, als die ELKB die aktuelle Statistik zu Kircheneintritten und -Austritten präsentierte, fand die Initiative "Kirche Kunterbunt Coburg" über die Dekanatsgrenzen hinaus Beachtung – als ein Projekt, um "neue Formen kirchlichen Lebens auszuprobieren und zu experimentieren".

Innovative Projekte aus Coburg

Unter dem Motto: "Jetzt wird es frech und wild und wundervoll" arbeiten mehrere Kirchengemeinden und der CVJM Coburg zusammen, um ein Programm für eine junge Kirche zu gestalten, die vor allem junge Familien ansprechen soll.

"Eine Kirche, in die auch Pippi Langstrumpf aus der Villa Kunterbunt gerne gehen würde", so schwebt es den Machern vor.

Nicht nur wegen Pippi Langstrumpf lohnt es sich, die Entwicklung von "Kirche Kunterbunt Coburg" zu verfolgen. Denn wer weiß, was daraus wird – womöglich ein Modellprojekt, das landeskirchenweit Schule macht. In der Vergangenheit zumindest war das öfter so, da wurden im Dekanat Coburg bereits einige Male Pionier-Projekte auf den Weg gebracht, die schließlich von der evangelischen Landeskirche in Bayern aufgegriffen wurden. Die Inspiration kam aus Coburg.

Diakonie Coburg trieb Behindertenarbeit beispielhaft voran

Das gilt etwa für die Behindertenarbeit, die in den 60er-Jahren von der Coburger Diakonie beispielhaft vorangetrieben wurde. Oder die Partnerschaften mit Tansania, längst ein Projekt der Landeskirche.

Doch 1962 war das evangelische Dekanat Coburg das erste Dekanat in Bayern, das eine Partnerschaft mit einer Kirche in dem afrikanischen Land begann. Das war die damalige Missionsstation Brandt in der Usangu-Ebene im Südwesten Tansanias, aus deren Gemeinden das Dekanat Chimala entstand.

Erste Partnerschaft mit Tansania

Für die Partnerschaft der beiden Dekanate, die in diesem Jahr ihr 60. Jubiläum feiert, gilt der Slogan "Chico". Die Abkürzung steht für "Chimala-Coburg".

Vorangetrieben wurde das Projekt 1962 von Pfarrer Peter Krusche, der in dem Jahr gerade erst Dekan in Coburg geworden war. In der Folge entsandte die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern immer wieder Pfarrersfamilien aus Coburg in die afrikanische Partnerkirche. Und im Frühjahr 1979 wurde in Coburg zum ersten Mal mit Zephania Mgeyekwa ein afrikanischer Pfarrer von der bayerischen Landeskirche angestellt. Als Pfarrer der Coburger Morizkirche feierte Zephania Mgeyekwa bis 1982 Gottesdienste an jenem Ort, an dem einst schon Martin Luther gepredigt hat.

"Coburg hat ein Zeichen gesetzt, wie christliche Partnerschaft über Kontinente hinweg aussehen sollte"

schrieb damals das "Sonntagsblatt". "Pfarrer Zephania Mgeyekwa, den nicht nur die Coburger in seiner Bescheidenheit, Herzlichkeit und tiefen Glaubensüberzeugung liebgewonnen haben, hat ein neues Kapitel der Missionsgeschichte eingeleitet."

Das Friedensmuseum in Meeder

Noch eine Besonderheit findet sich auf dem Gebiet des Dekanats Coburg: Das Friedensmuseum Meeder. Anhand von Zeitzeugenberichten wird darin unter anderem gezeigt, wie sich ein Krieg auf Gesellschaften auswirkt. Das kleine Meeder war davon dereinst schlimm betroffen: Dem Dreißigjährigen Krieg fielen über zwei Drittel der Einwohnerinnen und Einwohner zum Opfer.

Der Friedensdank hat im Coburger Land eine lange Tradition: Seit 1650, der Dreißigjährige Krieg war zwei Jahre vorbei, wird in Meeder alle zehn Jahre ein großes Friedensdankfest gefeiert. Angeordnet hatte es damals Herzog Friedrich Wilhelm II, der in Coburg regierte und mit dem Fest an die Schrecken des Krieges und die Segnungen des Friedens erinnern wollte. In den anderen Gemeinden im Coburger Land wird das Friedensdankfest längst nicht mehr begangen.

Im Sommer wird wieder das Friedensdankfest gefeiert

Einzig in Meeder. Hier wird jedes Jahr im August, immer am Sonntag nach Sebaldus (19. August), des Friedens gedacht. Alle zehn Jahre stellt die Gemeinde ein großes Friedensdankfest mit umfangreichem Programm auf die Beine, bei dem die gesamte Region mitfeiert.

So auch in diesem Sommer: Das 370. Coburger Friedensdankfest (12.-28.08.2022) unter dem Motto: "Auf Frieden bauen" soll daran erinnern, dass "Frieden keine Selbstverständlichkeit ist", heißt es vonseiten der Veranstalter. "Jeder ist dazu aufgerufen, an ihm mit- und weiterzubauen." Wie wahr dies ist, das zeigt in diesem Jahr ein trauriges aktuelles Beispiel – der Krieg in der Ukraine.

Dekanat Coburg

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