"Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen." Wer kennt nicht diesen legendären Satz, der dem Reformator Martin Luther zugeschrieben wird? "Für mich ist das Apfelbäumchen ein Symbol für das Leben und das Frucht bringen. Es erinnert an das, was uns Gott in der Schöpfung Wunderbares zur Verfügung gestellt hat", sagt Ekkehard de Fallois, Gemeindepfarrer in Gesees, während er dankbar und auch ein wenig stolz auf den riesigen Obstgarten am Kirchberg blickt.

Ja, hier gibt es Apfelbäume, Birnenbäume und vieles mehr in Hülle und Fülle. Rund 300 Obstbäume – darunter auch viele heute nicht mehr gebräuchliche Sorten – wachsen in diesem alten Obstgarten, durch den ein steiler Pilgerweg hinauf zur einstigen Wallfahrtskirche führt, die wegen ihrer Lage oft als "Krone des Hummelgaus" bezeichnet wird.

Obstgarten in Gesees mit 300 Bäumen

Bereits im Jahr 1922 wurde erstmals eine Sortenliste der gepflanzten Obstbäume angefertigt. 1950 initiierte dann der damalige Pfarrer Philipp Kohlmann die Gestaltung des Obstgartens in seiner heutigen Form und ließ nun auch den hinteren Teil des Gartens bepflanzen, um den steilen Kirchberg zu stabilisieren. Auch Totholz gibt es hier von Anfang an, denn an ihm leben mindestens rund 1500 Pilzarten und es können sich immer mehr Organismen ihren Lebensraum erschließen.

"Früher diente ein solcher Obstgarten um die Kirche herum den Pfarrern und meist auch den Mesnern zur Bewirtschaftung. Deshalb ist man nach dem Krieg auch sorgsam mit jedem einzelnen Apfel umgegangen", erzählt Ekkehard de Fallois, "heute ist man davon natürlich nicht mehr abhängig, was vermutlich auch der Grund dafür war, dass der Obstgarten lange Zeit brach lag." 2013 kam ihm eine Idee: Er brach mit seinen Präparanden und Konfirmanden auf, um mit ihnen den Wildwuchs des mit Heckenrosen und Eschen zugewachsenen Kirchbergs auszuschneiden. Doch das Arbeiten wollte offenbar erst einmal gelernt sein, denn außer dem Pfarrer und zwei Jugendlichen tat kaum einer etwas.

Äpfel und Birnen kartiert und nummeriert

Umso mehr freute sich de Fallois, als in den vergangenen Jahren Georg Nützel mit dem Obst- und Gartenbauverein die Pflege des Kirchbergs übernahm, der weiterhin im Besitz der Kirchenstiftung Gesees ist. So wurde der Obstbestand kartiert und jeder einzelne Baum bekam eine Plakette mit einer Nummer. Im Rahmen des Biodiversitätsprojekts der Regierung von Oberfranken zur Sicherung der alten Obstsorten im Regierungsbezirk wurde der Kirchberg durch einen Pomologen (Fachmann für Obstbaukunde) genauer untersucht.

Dabei wurden neben bemerkenswerten Tier- und Pflanzenarten viele seltene Obstsorten mit lustig klingenden Namen entdeckt, die schon seit Generationen nicht mehr gepflanzt wurden: zum Beispiel der um 1900 berühmte "Bamberger Blauapfel", die "Rötliche Renette" mit einem edlen Apfelgeschmack, die "Amanlis Butterbirne" und die "Kleine Pfalzgräfin" – eine früher als "Frankenbirne" bekannte Septemberbirne, die es wohl auch schon zur Zeit des Bayreuther Fürstentums gab.

42 verschiene Apfelsorten

Auch hier in Gesees ist die "Kleine Pfalzgräfin" der wohl älteste Baum am Kirchberg, ein weiteres kleines Bäumchen wurde jüngst im Beisein des engagierten Pfarrers gepflanzt.

Der Baumbestand des Geseeser Obstgartens mit allein 42 verschiedenen Apfelsorten ist ein wahres Schatzkästchen und kann nur dank der regelmäßigen Pflege und Nutzung durch den Obst- und Gartenbauverein langfristig erhalten werden. Und im Mai wurde ein eigener Obstlehrpfad mit acht bebilderten und beschriebenen Schautafeln eröffnet.

"Schöpfungsspaziergang" am Erntedankgottesdienst

Eine wichtige Zeit ist natürlich auch die Ernte. Deshalb veranstaltet der Verein regelmäßig eine Apfel- und Ernteaktion, an der auch Ekkehard de Fallois mit seinen Präparanden und Konfirmanden teilnimmt. Darüber hinaus gibt es sogar einen "Schöpfungsspaziergang" und die Jugendlichen beteiligen sich am Erntedankgottesdienst. Und von einem Teil der Ernte wird von der Obstkelterei Rauh in Lehen sogar ein eigener "Geseeser Apfelsaft" hergestellt.

De Fallois erfreut sich immer wieder an "seinem" wunderschönen Kirchberg, auf den er wirklich auch ein bisschen stolz sein kann. Die schönste Zeit in Gesees sind für ihn die Tage, an denen die Schafe des Pächters und Schafzüchters Dieter Albrecht die Wiesen beweiden. "Sie sind besser als jeder Rasenmäher und ich liebe einfach ihren Geruch und ihr Geblöke", sagt er lächelnd, "außerdem ist das für mich wie ein Blick in den 23. Psalm, den Psalm vom guten Hirten. Und dann schaue ich dankbar in Richtung Himmel und sage: 'Danke für die Schöpfung und für alles, was Menschen Gutes daraus gemacht haben, denn hier kann man es schmecken, sehen und erfahren. Und danke, dass ich hier in Gesees kleiner Dorfpastor und Hirte sein kann.'"