Nürnberg (epd). Zehn Seniorinnen und Senioren in Nürnberg haben Strafbefehle erhalten. Den fünf Männern und fünf Frauen im Alter zwischen 71 und 90 Jahren wirft die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) vor, einem Pflegedienst geholfen zu haben, die Kostenträger um rund 175.000 Euro zu betrügen. Wie die Generalstaatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte, soll der Pflegedienst zwischen 2014 und 2017 Leistungen abgerechnet haben, die nicht erbracht worden waren.

Der Betreiber des Pflegedienstes habe die Angeklagten gar nicht gepflegt, die Pflegetätigkeiten seien nicht nötig gewesen, heißt es in der Mitteilung. Die angeklagten Personen seien "rüstig und altersgerecht gesund" gewesen. Wenn der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Bayern kam, spielten sie dem Prüfer etwas vor und simulierten beispielsweise eine Demenz, ausgeprägte Körpersteife, einen Tremor der rechten Hand oder eine Gehstörung. Der Pflegedienst soll den "Schein-Pflegebedürftigen" zuvor erklärt haben, wie sie sich bei der Prüfung verhalten sollten. Bevor der MDK kam, habe er Rollatoren oder eine Badewannenhilfe in die Wohnungen gestellt.

Als Gegenleistung hätten die schauspielernden pflegebedürftigen Personen monatliche Provisionszahlungen aus den Abrechnungsbeträgen erhalten, heißt es in der Mitteilung. Das Amtsgericht Nürnberg habe nun Geldstrafen zwischen 400 Euro und 1.800 Euro verhängt. Drei der Angeklagten würden die Vorwürfe bestreiten. Andere hätten sich noch nicht dazu geäußert. Die Strafbefehle sind noch nicht rechtskräftig.

Der Pflegedienst soll einige wenige Pflegebedürftige tatsächlich versorgt haben. Daneben habe er aber das betrügerische Abrechnungssystem entwickelt, hieß es. Der Betreiber ist nicht mehr aktiv, sagte eine Sprecherin des Oberlandesgerichts dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gegen ihn hat die ZKG im November 2021 Anklage wegen gewerbsmäßigen Abrechnungsbetrugs in 362 Fällen erhoben. Erster Prozesstermin ist vor dem Schöffengericht für Wirtschaftssachen an diesem Donnerstag (7. Juli). Durch die Taten soll den Kostenträgern, vor allem der AOK Bayern und der Stadt Nürnberg, ein Schaden von insgesamt über 175.000 Euro entstanden sein.