Nürnberg, Bamberg (epd). Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl bedauert, dass die katholische Kirche schrumpft. "Gleichwohl weiß ich natürlich, dass vermutlich nicht die große Trendwende einsetzen wird", sagte er am Montagabend im Nürnberger Presseclub im Gespräch mit Alexander Jungkunz, dem Chefpublizist der "Nürnberger Nachrichten": "Wir müssen mit dem, was wir vorfinden, zurechtkommen." Viele Institutionen hätten mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Laut Gössl muss die Kirche ihren Grundüberzeugungen zum einen treu bleiben und sich andererseits auf die heutigen Fragestellungen einstellen.
Angesichts des zunehmend fehlenden Personals versicherte der Erzbischof: "Es wird immer die Feier von Gottesdiensten, es wird immer die Sakramente geben." Aus Sicht von Gössl liegt der Personalmangel nicht an Themen wie Zölibat oder Frauenweihe, "die evangelische Kirche hat ja ähnliche Personalnöte". Er sieht für die Zukunft eine große Chance in der Ökumene, beispielsweise bei Kirchentagen. Beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg 2023 sei das bereits sehr gut gelungen. Er könne sich vorstellen, dass es in Zukunft nicht mehr abwechselnd jedes Jahr Kirchen- und Katholikentage, sondern alle zwei Jahre einen Ökumenischen Kirchentag geben könnte. Das müssten aber die zuständigen Planungsgremien entscheiden.
Mit Blick auf die gesellschaftliche Stimmung im Land und eine Grundgereiztheit der Menschen sieht Gössl nur bedingte Reaktionsmöglichkeiten der Kirche. "Wir sind ja nicht vom Himmel gefallen, sondern Teil dieser Gesellschaft." Er plädierte dafür, dass sich die Kirche auf sich selbst besinnt. Ein großes Plus sei für ihn die Begegnung mit Christen aus anderen Nationen, die hier sind "und oft einen ganz anderen Schwung reinbringen. Wir müssen uns selbst in uns verwandeln und diese Freude ausstrahlen." Zu wichtigen Fragen müsse sich die Kirche aus ihrem Glauben heraus immer wieder positionieren, auch politisch.
Im Umgang mit der AfD gibt sich der Bamberger Erzbischof zurückhaltend: "Ich denke nicht, dass es rechtlich durchsetzbar wäre, dass AfD-Mitglieder nicht für Ämter in der Kirche kandidieren dürfen." Ihm gehe es ohnehin nicht um Parteimitgliedschaften, sondern um die Haltung von Menschen. Wenn die Haltung nicht christlich sei, dann könne ein Mensch keine Aufgaben in der katholischen Kirche übernehmen. Dazu gehörten Antisemitismus, Rassismus, "aber auch ein offenes Eintreten für Abtreibungen".
Seit März leitet der 57-jährige Herwig Gössl als Nachfolger von Ludwig Schick das Erzbistum Bamberg. Es sehe positiv in die Zukunft, sagte er beim Gespräch im Presseclub. In zehn Jahren werde es im Erzbistum zwar weniger Standorte von Kirche geben, "aber meine Vision ist, dass die Standorte, die es gibt, ausstrahlen".
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