München (epd). Zum Start des neuen Schuljahres in Bayern hat der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) mangelnde Bildungsgerechtigkeit an den Schulen im Freistaat beklagt. "Bei der Bildungsgerechtigkeit sind wir Schlusslicht im Vergleich der Bundesländer", sagte Sabine Bösl, Leiterin der Abteilung Schul- und Bildungspolitik beim BLLV, am Dienstag auf einer Pressekonferenz. "Das spüren wir im Alltag deutlich und das macht uns große Sorgen."

Die Bildungsqualität sinke immer mehr. Um die Herausforderungen von Integration und Inklusion zu stemmen, gebe es zu wenig Personal. "Wir können den Kindern nicht mehr gerecht werden. Dadurch verlieren wir Kinder - die Rechnung dafür zahlen wir in unserer Gesellschaft später alle", sagte Bösl. Von der Politik forderte sie ein klares Bekenntnis zur individuellen Förderung aller Kinder in Kita und Schule.

Als wichtigen Punkt nannte Bösl vor allem mehr Sprachförderung an den Schulen und in der frühkindlichen Bildung. Bösl kritisierte jedoch die von der Staatsregierung eingeführten Sprachtests für Kinder im Alter von viereinhalb Jahren als nicht genug durchdacht. Die Tests seien nur dann sinnvoll, wenn es anschließend auch eine individuelle Förderung gebe. Schon jetzt gäbe es jedoch nicht genug Kitaplätze und Plätze in den Deutsch-Vorkursen, weil es an Personal fehle.

Mehr qualifiziertes Personal und eine Stärkung der Grundschulen forderte auch Antje Radetzky, Leiterin der Abteilung Berufswissenschaft beim BLLV. "Gut ausgebildete Lehrkräfte könnten die Bildungsqualität an Grundschulen verbessern, haben dafür aber keine Zeit", sagte Radetzky. Die Grundschulen legten jedoch die Basis für den weiteren Bildungserfolg eines Kindes. Radetzky kritisierte das bayerische Übertrittsverfahren nach der 4. Klasse als kontraproduktiv. Es verhindere durch den hohen Leistungsdruck teilweise sogar nachhaltiges Lernen. Kinder, die zuhause keine Unterstützung bekämen, hätten außerdem schlechte Karten.

Eine bessere pädagogische Begleitung der Digitalisierung von Schulen forderte BLLV-Vizepräsident Tomi Neckov. "Beim Nutzen der Chancen der Digitalisierung kommt es auf die pädagogische Einbindung an - und die fehlt noch viel zu oft", sagte Neckov. Es gehe um sinnvolle Medienbildung und Medienerziehung. Dafür brauche es ein pädagogisches Gesamtkonzept mit gut abgestimmter Hard- und Software sowie ausreichend Fortbildungsangebote für Lehrkräfte.

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