Nürnberg (epd). Die neue bayerische Diakoniepräsidentin Sabine Weingärtner hat in ihrer Antrittspredigt am Dienstagabend in der Nürnberger Sebalduskirche vor gesellschaftlichen Spannungen gewarnt. Es fehle ihrer Ansicht nach oft der Wille und die Kraft, sich mit dem Gegenüber auseinanderzusetzen und Kompromisse zu finden, sagte Weingärtner laut Predigtmanuskript: "Trennendes verhärtet sich."

Die Präsidentin des zweitgrößten bayerischen Wohlfahrtsverbands nannte als Beispiel die Sorge vieler sozialer Träger vor "gewaltigen Zahlungen" für Energie. "Das ist existenzgefährdend für die Einrichtungen wie auch teilweise für die Menschen, die dort begleitet werden", sagte sie. Dennoch hätten bayerische Ministerien über Wochen gesagt, dieses Problem sei "die Sache von Berlin, da können wir nichts machen". Sie frage sich, warum in der Krisensituation "nicht von Anfang an und vor allem gemeinsam nach einer Lösung gesucht" werde.

Weingärtner kritisierte auch, dass in der gesellschaftlichen Debatte angesichts steigender Flüchtlingszahlen wieder von "Fehlanreizen" und "Nachzieheffekten" gesprochen werde, statt sich mit den Ursachen von Flucht auseinanderzusetzen oder den eigenen Lebensstil auf den Prüfstand zu stellen.

Sie forderte auch die Kritiker der Höhe des neuen Bürgergelds auf, "den anderen Menschen hinter den Zahlen zu sehen - und zwar ehrlich und ohne Vorurteile". Stattdessen werde "hartnäckig das Bild von den faulen Arbeitslosen gepflegt, die einfach keine Lust zum Arbeiten haben".

Weingärtner ist in Bayern die erste Frau an der Spitze der Diakonie. Sie hat am 1. Juni ihren Posten von Vorgänger Michael Bammessel übernommen. Die 43-Jährige war zuvor stellvertretende Leiterin des Kirchlichen Diensts in der Arbeitswelt (kda Bayern). Sie hat in Erlangen und Göttingen evangelische Theologie studiert, in La Paz (Bolivien) ihr Praxisjahr gemacht und ein Wirtschaftsvikariat absolviert.

Im vierköpfigen Vorstand der Diakonie Bayern, dem drei Frauen und ein Mann angehören, fühle sie sich für den theologischen Blick zuständig, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) zu Amtsbeginn. Die Diakonie müsse um ihre christliche Eigenheit ringen und sei nicht nur "irgendjemand, der auch noch auf dem sozialen Markt unterwegs ist".

Die Diakonie Bayern vertritt 1.300 Träger mit ihren Einrichtungen, in denen mehr als 95.000 Beschäftigte arbeiten.