München, Freudenberg (epd). Der Anwalt für Medienrecht, Stefan Söder, hat die vollständige Auskunftsverweigerung der Ermittlungsbehörden im Fall des getöteten Mädchens in Freudenberg als nicht gerechtfertigt kritisiert. "Hier ist das Informationsinteresse der Gesellschaft besonders hoch", sagte der Rechtsanwalt dem Evangelischen Pressedienst (epd) in München. Zusätzlich zu dem legitimen Bedürfnis, das erschütternde Geschehen zu begreifen, gebe es eine Diskussion über mögliche weitreichende Gesetzesänderungen wie die Herabsetzung der Strafmündigkeitsgrenze. "Diese kann nicht angemessen geführt werden, wenn über die Hintergründe der Tat völlige Unklarheit herrscht", betonte Söder.

Das zwölfjährige Mädchen aus dem südwestfälischen Freudenberg war am 12. März tot auf benachbartem rheinland-pfälzischen Gebiet gefunden worden. Zwei Mädchen aus dem Umfeld des getöteten Mädchens sollen nach Angaben der Ermittler die Tat gestanden haben. Bisher schweigen die Ermittler gänzlich zu den mutmaßlichen Täterinnen und ihren Motiven. Als Begründung wird der Persönlichkeitsschutz der minderjährigen Tatverdächtigen angegeben.

Söder ergänzte, dass die Schutzinteressen der minderjährigen mutmaßlichen Täterinnen mit hohem Stellenwert zu berücksichtigen seien. "Es bleibt aber stets eine Abwägung notwendig, bei der auch die Informationsinteressen der Öffentlichkeit einbezogen werden müssen."

Selbstverständlich sollte jede Information durch die Ermittlungsbehörden unterbleiben, die zu einer Identifizierung der Täterinnen beitragen könne, wie Namen, Aussehen, familiäre Umstände, Wohn- oder Schulorte. "Auskünfte wie etwa zu Motiven oder dem Verhalten nach der Tat befähigen jedoch für sich genommen niemanden zu einer derartigen Identifizierung", sagte Söder. Dass Personen, die die Identität der Täterinnen bereits kennen, weitere Informationen erhielten, sei in der Abwägung hinzunehmen. Außerdem könnten die Behörden diese Auskunft wiederum zurückhaltend formulieren und zum Beispiel besonders stigmatisierende Details allgemein umschreiben. "Hier sind sehr viele Abstufungen denkbar." Eine vollständige Auskunftsverweigerung der Behörden müsse sich jedoch dem Vorwurf aussetzen, die Informationsinteressen der Allgemeinheit übermäßig zurückzusetzen.

Im Zweifel könnten die Medien ihren Auskunftsanspruch auch gerichtlich durchsetzen. Generell unterlägen Ermittlungs- und andere Behörden den medienrechtlichen Auskunftsansprüchen, die sich aus den Landespressegesetzen und dem Medienstaatsvertrag ergäben. "Eine Auskunftsverweigerung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, wenn zum Beispiel die Intimsphäre eines Betroffenen berührt ist."

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