Die Stimmung am Eingang zur Festlocation war durch den Protest alles andere als festlich, der Frust aber durchaus zu verstehen. Auf Transparenten war zu lesen: "Wo bleibt die gelebte christliche Nächstenliebe?", "150 Patienten und Personal im Stich gelassen" oder "Schämen Sie sich, Herr Dekan".
Die angekündigte Schließung der Diakoniestation Bad Berneck aus wirtschaftlichen Gründen für Mitte des laufenden Jahres sorgt seit Wochen für Unmut. Wenn die Station offenbar in Schieflage geraten ist, dann könne man doch nicht warten, bis der Karren in den Dreck gefahren ist, sagte Karlheinz Lauterbach, Mitglied des Kirchenvorstands aus Bad Berneck.
Während er Bravo-Rufe und Beifall erhielt, gab es für Diakonievorstand Franz Sedlak und für Dekan Manuél Ceglarek Pfiffe und Buhrufe. Bei der kleinen Andacht zu Beginn der Feierstunde sagt er später: "Wir haben die Entscheidung nicht leichtfertig getroffen, sie ist notwendig gewesen, für das große Ganze. Es geht ja auch um die insgesamt 1400 Mitarbeiter der Diakonie Bayreuth in einer anspruchsvollen Zeit. Niemand hat gesagt, dass Verantwortung leicht ist", rechtfertigte er sich.
Gefeiert wurde mit Lokalprominenz und Musik
Gefeiert wurde trotzdem mit dem fränkischen Quartett Duudn & Bloosn, mit einer kabarettistischen Einlage des Duos Zammgebicht, das sind Stephan Haußner und Pfarrer Hannes Schott, sowie mit dem eigens komponierten Jubiläumssong des Mitarbeiters Dario Dorsch.
Das 75. Jubiläum geht zurück auf das Gründungsdatum 1949. In Wirklichkeit reicht die Geschichte aber noch viel weiter zurück. Bereits 1882 sei ein "Evangelischer Gemeindearbeitsverein", eine Art Vorgängerorganisation der Diakonie, gegründet worden, sagte Vorstand Franz Sedlak. Dem Mut und der Entschlossenheit der damaligen Christen in Bayreuth sei es zu verdanken, dass die Arbeit nach dem Zweiten Weltkrieg fortgeführt werden konnte. Im Mittelpunkt habe damals etwa die Betreuung von Heimat- und Obdachlosen, der Betrieb einer Missionsküche und die Erfassung von Kriegsversehrten gestanden.
Aber auch Kindergärten habe es schon gegeben und das Leer’sche Kinderheim. Ab den 1970er-Jahren habe das inzwischen stetig weiterentwickelte Sozialunternehmen sein Beratungsangebot ausgebaut, 1981 seien die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen an den Start gegangen. Weitere Meilensteine seien die Eröffnung des Cafés "Samocca", das mittlerweile "Lesecafé RW 21" heißt und die Einrichtung des Hauses Cosima, eine Anlaufstelle für Menschen ohne Obdach, gewesen.
Rückblick auf 75 Jahre Diakonie Bayreuth
Auch an einen schwarzen Tag in der Bayreuther Diakoniegeschichte erinnerte Franz Sedlak: Am 27. August 2020 war die Förderstätte Lebenswerk, die Werkstatt für behinderte Menschen, durch ein Großfeuer vernichtet worden. Der Wiederaufbau ist noch immer im Gange, für die Beschäftigten wurde eine Interimslösung in den Hallen einer Bayreuther Spedition gefunden.
Aktuell beschäftigt sich die Diakonie Bayreuth nach den Worten ihres Vorstands unter anderem mit einer möglichen Kooperation mit dem Diakonieverein Pegnitz. "Die Zeiten sind andere geworden", resümierte der Vorstand. Sozial sei gerade nicht so modern, die Finanzmittel seien eher eingeschränkt, während der Hilfsbedarf am Steigen sei. 75 Jahre lang habe die Diakonie unermüdlich daran gearbeitet, Menschen in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.
"Möge die Diakonie auch weiterhin ein Ort der Hilfe und Unterstützung sowie ein Ort der Geborgenheit sein."
Zu den weiteren Gratulanten gehörten bei dem Festakt der oberfränkische Bezirkstagspräsident Henry Schramm, Bayreuths Oberbürgermeister Thomas Ebersberger und Professor Thomas Popp, der Präsident der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Diakonie sei Helfen und Handeln im evangelischen Kontext, stellte Letzterer fest. Zur Lebenskunst aus christlicher Sicht gehöre es, das Leben geistvoll zu gestalten. Deshalb sei Diakonie auch als christliche Lebenskunst zu verstehen.
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