München (epd). Die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit und frühere SPD-Politikerin Andrea Nahles wünscht sich mehr Beteiligung der Kirchen in gesellschaftspolitischen Debatten. "Ich bin der Meinung, dass die Kirchen mehr Mut haben müssen, sich einzubringen", sagte sie im Podcast "Vom Großen und Ganzen" der Katholischen Akademie in Bayern und der Wochenzeitschrift "Christ in der Gegenwart" am Freitag. Sie habe sich über die weitgehende Sprachlosigkeit der Kirchen vor der Bundestagswahl geärgert. "Wenn die Welt Kopf steht, dann müssen die Kirchen etwas dazu sagen. Wir können nicht in unserer Komfortzone bleiben angesichts der rasanten Veränderungen", sagte Nahles.

In einer Zeit weltweiter politischer Verunsicherungen und drohender Wirtschaftskriege befürchtet die ehemalige Bundesarbeitsministerin eine Rückkehr zum Recht des Stärkeren. "Wir kommen in eine Situation, in der man sich verteidigen muss, wenn man für Staatlichkeit und das Einhegen des Kapitalismus eintritt. Dafür, dass man als Bürger verbriefte Rechte hat." Demgegenüber habe die christliche Botschaft mit ihrem Aufruf, sich für die Rechte der Schwächeren einzusetzen, bis heute nichts an Aktualität eingebüßt.

Auf politischer Seite kritisiert Nahles, dass im zurückliegenden Bundestagswahlkampf eher Neid auf Bürgergeldempfänger geschürt worden sei, als den Blick auf verschleppte Transformationsprozesse zu lenken. "Es wird kleinkariert über das Bisschen geredet, das am Ende zu verteilen ist, anstatt darüber, was wir richtig machen müssen, um wirtschaftlich wieder vorne zu spielen", so Nahles.

Die tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitswelt brächten auch Vorteile mit sich, etwa in Bereichen, in denen sich der Fachkräftemangel durch Digitalisierung kompensieren lässt oder wenn Frauen in Berufsfelder vordringen, die wegen ihrer körperlichen Anforderungen bisher vor allem von Männern ausgeübt wurden.

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Florian Meier am Sa, 17.05.2025 - 08:00 Link

Warum "müssen" die Kirchen (wer ist das überhaupt?) etwas dazu sagen? "Kein Mensch muss müssen" schrieb einst ein großer Sachse und meinte damit, dass der Mensch geistig frei sei. Die Freiheit wird von der Politik über alle Lager bedroht. Jeder will den Gegner einhegen und sich selbst ermächtigen: Pflichtjahr, länger arbeiten, Bekenntnis zu Demokratie, Vielfalt, Nation, christlichem Abendland, der Polizei, der Umwelt, dem Automobil usw... Es ist nicht die Aufgabe der Christen die Welt mit Pflichten zu gängeln und windigen Politikern nach dem Mund zu reden, die das gegenwärtige Chaos mit verursacht haben. Fachkräftemangel durch Digitalisierung beheben? Schön für die Besitzenden, schlecht für die Löhne, die man so trotz wenig verfügbarer Menschen weiter drücken kann gerade für die, die nicht so digital befähigt sind. Und Vordringen der Frauen? Schön für sie, schlecht für die Männer. Das Problem solcher Kommunikation ist, dass sie die Kehrseite der Medaille komplett negiert, dass sie unterkomplex und damit demagogisch wird, selbst wenn sie gut gemeint ist. Die Kirche sollte Liebe predigen auch und gerade zu Politikern, aber nicht indem man ihnen das Leben kurzfristig erleichtert sondern erschwert, damit sie besser werden. Denn wären sie gut, wären wir nicht da wo wir sind. Und wären wir gut, hätten wir bessere Politiker.