München, Berlin (epd). Ob Bayern nach der Hochwasserkatastrophe von Anfang Juni finanzielle Hilfen aus Berlin erhält, ist noch immer nicht geklärt. Wie ein Sprecher der Bundesregierung auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mitteilte, hat Bayern bislang noch keine Unterlagen vorgelegt, um eine Katastrophe nationalen Ausmaßes feststellen zu können. Eine solche Feststellung wäre aber die Voraussetzung für Zahlungen aus Bundesmitteln.

Zum Vergleich: Für die Hochwasserkatastrophen in Bayern von 2013 und 2021 wurde ein nationales Ausmaß festgestellt. Bislang habe der Freistaat für den Wiederaufbau nach diesen beiden Ereignissen rund 880 Millionen Euro aus Bundesmitteln erhalten, teilte das Bundesfinanzministerium mit (Stand: August 2024).

Die bayerische Staatsregierung hatte sich in den vergangenen Wochen wiederholt beklagt, dass der Bund nach dem Hochwasser in Süd- und Ostbayern von Anfang Juni mit vier Toten, Dutzenden Verletzten und mehreren Vermissten noch keine finanziellen Hilfsleistungen gezahlt habe. "Auf diese Zusagen warten wir bis heute", sagte Staatskanzlei-Minister Florian Herrmann (CSU) vergangene Woche nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts.

Ein Sprecher der Bundesregierung präzisierte auf epd-Anfrage das Prozedere für Mittel aus dem Fluthilfefonds: Grundsätzlich seien laut Grundgesetz die Länder für den Ausgleich der Schäden zuständig. Der Bund könne ausnahmsweise mit finanziellen Hilfen einspringen, wenn eine Katastrophe nationalen Ausmaßes vorliege und die betroffenen Länder überfordert seien. Dazu müssten aber die Gesamtumstände bewertet werden - also unter anderem die Schadenssummen, die nicht durch Versicherungen abgedeckt sind, unmittelbare Auswirkungen der Katastrophe auf die Länderhaushalte sowie eine angemessene Unterlegung der Schätzungen. "Entsprechende Unterlagen wurden vom Land Bayern bisher nicht vorgelegt", stellte der Regierungssprecher klar.

Staatskanzlei-Minister Florian Herrmann (CSU) wies die Darstellung des Regierungssprechers zurück. Man habe gegenüber Berlin die Lage mehrfach dargelegt und auch Zahlen übermittelt, sagte er der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). "Dennoch ist kein einziger Cent vom Bund nach Bayern geflossen, während andere Hochwasser-Gebiete nach Kräften unterstützt werden. Deutlicher kann man die Benachteiligung und Missachtung Bayerns nicht zum Ausdruck bringen."

Entzündet hatte sich die Diskussion, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei Besuchen in den bayerischen Katastrophengebieten am 2. und 3. Juni Unterstützung für den Wiederaufbau zugesagt hatten. Bayern forderte den Bund mehrmals dazu auf, finanzielle Mittel aus dem bundesweiten Fluthilfefonds zur Verfügung zu stellen. Dieser war vor rund drei Jahren nach dem Hochwasser im Ahrtal eingerichtet worden. Bayern hat nach eigener Aussage bislang 100 Millionen Euro in den Fonds eingezahlt.

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums teilte mit, dass sich Scholz und Habeck bei ihren Besuchen in Bayern innerhalb der "verfassungsrechtlichen Grenzen" geäußert hätten - es ihnen also offenbar nicht in erster Linie um Hilfen finanzieller Art ging. Dementsprechend habe der Bund die betroffenen Länder und Kommunen mit Kräften von Technischem Hilfswerk, Bundeswehr, Bundespolizei und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe unterstützt, heißt es aus dem Finanzministerium weiter. Beim Hochwasser Anfang Juni waren in Bayern laut Staatskanzlei-Angaben rund 85.000 Einsatzkräfte unterwegs.

Geld für Betroffene kommt bislang aus dem Freistaat: Die Soforthilfen, deren Antragsfrist am 30. September ausgelaufen ist, sind nach Privathaushalten, Unternehmen und landwirtschaftlichen Betrieben eingeteilt. Das bayerische Finanzministerium teilte mit, dass mittlerweile mehr als 31,1 Millionen Euro an Betroffene ausgezahlt worden seien. Die Schadensermittlung und Auszahlung speziell bei Wirtschaftsunternehmen und Agrarbetrieben hingegen zieht sich. Als Grund nennen die zuständigen Ministerien in Bayern rechtliche Vorgaben der EU-Kommission sowie die noch laufenden Begutachtungen von Ernteschäden. Die Auszahlungssumme werde in den kommenden Monaten "also noch deutlich zulegen".

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