Augsburg (epd). Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hat die katholische Kirche für ihren Umgang mit Missbrauchsopfern gerügt. Die katholische Kirche müsse "mehr Transparenz schaffen, lückenlos aufklären und sich ihrer Verantwortung stellen", sagte Eisenreich der "Augsburger Allgemeinen" (Freitag). Sie müsse "die Betroffenen in den Mittelpunkt stellen, empathischer auf sie zugehen und eine unabhängige Beratung sicherstellen", betonte Eisenreich.

Wenn die Kirche selbst keine Verbesserung beim Umgang mit den Betroffenen sexualisierter Gewalt herbeiführe, müsse der Staat handeln, sagte der bayerische Justizminister: "Es darf kein Sonderrecht oder irgendeinen Bonus für Kleriker geben. Niemand steht über dem Gesetz - kein Geistlicher, kein Wirtschaftsboss, kein Politiker." Dem Landtag hat Eisenreich einen Bericht vorgelegt, der sich mit den strafrechtlichen Konsequenzen aus den katholischen Missbrauchsgutachten befasst.

Laut Justizministerium wurden infolge des im Januar 2022 vorgelegten Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum München und Freising, dessen Vorläufers von 2010 sowie der bundesweiten "MHG-Studie" von 2018 mehr als 800 Fälle staatsanwaltschaftlich überprüft. Bei 243 Fällen davon seien Kleriker die Verdächtigen - zu einer Anklage kam es dann aber nur in einem Fall. Der Grund: Viele Fälle waren verjährt, in manchen Fällen waren die mutmaßlichen Täter verstorben.

Eisenreich forderte Missbrauchsbetroffene auf, sich an die Behörden zu wenden. "Die wichtigsten Quellen für die Strafverfolgungsbehörden sind nicht Gutachten oder Studien, sondern Strafanzeigen von Geschädigten und Hinweise von Zeugen. Darauf sind wir angewiesen", sagt er der Augsburger Zeitung: "Entscheidend ist, dass Anzeige erstattet wird."