Fürth (epd). Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat davor gewarnt, die Bedeutung der Kirchen in Bayern angesichts vieler Kirchenaustritte kleinzureden. "Es wäre nicht erfolgreich, sie auszuklammern oder zu verdrängen", sagte Herrmann bei der Präsentation statistischer Zahlen zu den Religionsgemeinschaften im Freistaat am Dienstag im Statistischen Landesamt in Fürth. Deutschland sei nicht typisch. Weltweit würde der Anteil religiös orientierter Menschen zunehmen.

Die Bedeutung der Kirchen mache sich daran fest, dass die Demokratie auf den christlichen ethischen Werten beruhe, sagte der Minister. "Demokratie braucht Religion", so Herrmann. Religiöse Toleranz sei daher eine Grundvoraussetzung für ein friedliches Zusammenleben.

Der Minister bescheinigte den beiden Großkirchen eine "zentrale, außerordentlich wichtige Rolle" für die Gesellschaft. Das zeigt sich nach Ansicht Herrmanns an den kirchlichen Beerdigungen (70 Prozent) und der Zahl kirchlicher Hochzeiten (25 Prozent). Mittelfristig befürchtet Herrmann, dass sich der Rückgang der Kirchenmitgliederzahlen auf die sozialen Aufgaben der Kirchen und des Staates auswirke. Die Kirchen würden wegen sinkender Einnahmen gezwungen sein, Aufgaben aufzugeben. "Das geht dann zulasten der Bevölkerung und der Staat muss sich seinerseits mehr engagieren."

Herrmann präsentierte die Zahlen des Zensus 2022, nach dem 44,2 Prozent der Bayern der katholischen Kirche angehörten (5,8 Millionen) und 23,1 Prozent (2,1 Millionen) der evangelischen Kirche. Trotz der vielen Kirchenaustritte gehören in Bayern prozentual immer noch wesentlich mehr Menschen der katholischen Kirche an als im Bundesgebiet (25,1 Prozent). Bei den Evangelischen ist das Verhältnis umgekehrt: 23,1 der Bundesbürger sind noch evangelisch, in Bayern sind es nur 16,4 Prozent.

Weil Muslime keiner Körperschaft öffentlichen Rechts angehören, gibt es keine statistischen Daten darüber, wie viele Einwohner in Bayern sich zu diesem Glauben bekennen. Der Präsident des Landesamts für Statistik, Thomas Gößl, erklärte, man berufe sich daher bei den Erhebungen auf die Schätzungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aus dem Jahr 2019. Danach hängen von den 13 Millionen Menschen in Bayern etwa fünf Prozent dem muslimischen Glauben an (650.000).

Herrmann betonte, wie wichtig es sei, dass in Bayern, einem Land, das "seit jeher ein religionsfreundliches Klima" habe, der interreligiöse Dialog funktioniere. Er werde in den kommenden Monaten "weitere Impulse für diesen Dialog geben". Er wiederholte auch sein Schutzversprechen für die jüdischen Gemeinden gegen einen "wieder zunehmend unverhohlenen Antisemitismus".

Kommentare

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Florian Meier am Mi, 16.04.2025 - 06:33 Link

Die Erzählung von der christlichen Demokratie halte ich dagegen für eine Mär. Die Demokratie stammt wie jeder Altsprachler und hoffentlich auch der Rest gelernt hat aus dem vorchristlichen Griechenland. Die Republik aus der vorchristlichen Römerzeit. Es gibt sehr demokratische Länder, die zu den areligiösesten des Planeten gehören. Diese Gleichung ist einfach Blödsinn. Das bedeutet ja nicht, dass das Christentum nicht andere gute Eigenschaften hat oder demokratiefeindlich ist, aber eine Voraussetzung für Demokratie ist es offenbar nicht.

Florian Meier am Mi, 16.04.2025 - 06:25 Link

Deutschland ist vielleicht nicht typisch in der Welt, aber sehr typisch in Europa. Das kann man mit drei Faktoren erklären: Europa geht es besonders gut und das religiöse Bedürfnis ist daher weniger ausgeprägt, weil es keine Vertröstung auf ein Jenseits braucht (wir arbeiten daran das wieder zu ändern). 2. Möglicherweise sind die Kirchen in Europa besonders schlecht und unattraktiv. 3. Die Europäer sind zu gut gebildet um jeden Hokuspokus zu glauben. Wenn wir 1 und 3 als im Prinzip positive Entwicklungen sehen, so bleibt vor allem 2 als Baustelle und Aufgabe.