Nürnberg (epd). In der Frage nach dem Standort eines Dokumentationszentrums rund um das rechtsextremistische Terrornetzwerk NSU haben mehrere Nürnberger Organisationen ihre Forderung bekräftigt, die Stadt Nürnberg dafür zu wählen. Sie biete sich besonders an als Ort, an dem vier Verbrechen verübt wurden, heißt es in einem Papier vom Mittwoch. Es ist unter anderem vom regionalen Büro des Bayerischen Flüchtlingsrats, dem interkulturellen Arbeiter- und Jugendverein Junge Stimme, dem Nürnberger Bündnis Nazistopp und dem Kreisjugendring unterzeichnet.

Die Universität Göttingen hatte Anfang des Jahres im Auftrag der Bundesregierung eine Bestandsaufnahme der bundesweiten Aufarbeitungsaktivitäten gemacht und Kriterien für die Entstehung eines Dokumentationszentrums zum NSU-Komplex benannt. Eine konkrete Standortempfehlung hatte die Studie nicht abgegeben. Anfang Mai war von der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie Sachsen (RAA Sachsen) eine weitere Machbarkeitsstudie vorgestellt worden. Die Studie empfahl Chemnitz und Zwickau als Standorte, weil sich dort der NSU formierte und sich vor Ort zahlreiche Initiativen um eine Aufarbeitung bemühten.

"Wir schließen auch ein dezentrales Dokumentationszentrum nicht vollkommen aus", sagte Alev Bahadir vom Verein Junge Stimme dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Wunschstandort sei aus ihrer Perspektive jedoch Nürnberg als Ort, "wo es die meisten Opfer und die meisten Verbrechen gab".

Der Komplex sei juristisch nicht aufgearbeitet, heißt es in dem Papier weiter. "Mit den Enthüllungen um die AfD und dem deutlichen Rechtsruck in der Gesellschaft sehen wir auch, dass gesellschaftlich noch viel zu tun ist." Erinnerungsarbeit könne, wenn sie kritisch sei, ihren Beitrag dazu leisten, "wird aber keinesfalls die Forderung nach weiterer Aufklärung ersetzen". Die Organisationen unterstützen nach eigenen Angaben die bisherigen Bemühungen der Stadt Nürnberg um die Errichtung eines solchen Dokumentationszentrums und fordern sie dazu auf, diese zu intensivieren.

Der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) existierte zwischen 1998 und 2011. Der Terrorgruppe werden zehn Morde an Menschen mit Migrationshintergrund sowie einer Polizistin zugeschrieben. Mehr als 13 Jahre lang lebte das Trio in Sachsen im Untergrund. Im November 2011 flog die Gruppe auf. Die rassistische Mordserie wurde nun als solche auch erkannt. Zuvor war in der Öffentlichkeit stets von "Döner-Morden" die Rede.

In Nürnberg gibt es Gedenkorte mit Tafeln für die drei Mordopfer in der Stadt sowie seit 2015 ein jährliches Straßenfest gegen Rassismus und Diskriminierung.

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