Nürnberg (epd). Mit einem großen Graffiti an einer Scheune in Nürnberg hat ein Künstler den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) nicht beleidigt und auch keine verfassungsfeindlichen Symbole verwendet. Zu diesem Urteil ist das Bayerische Oberste Landesgericht (OBLG) gekommen, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte zuvor die Verurteilung des Künstlers aus der ersten Instanz zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro bestätigt. Der Angeklagte hatte Revision eingelegt und nun den Freispruch erreicht. Rechtsmittel gegen den Beschluss des OBLG gibt es nicht. (AZ: 204 StRR 452/23)

Bei dem Bild handle es sich um eine zulässige Kritik am System, die die Grenzen der Kunstfreiheit nicht überschreite, heißt es in der Entscheidung. Das Graffiti an der Scheune zeigt mit dem Schriftzug "Liebesgrüße aus Bayern" eine Person in Uniform, deren eine Gesichtshälfte als Totenschädel dargestellt ist und deren andere Hälfte dem bayerischen Ministerpräsidenten ähnelt.

Der Graffiti-Künstler könne sich gegen den Vorwurf der Beleidigung auf die Kunstfreiheit berufen, ist die Auffassung des vierten Senats. Zwar erinnere die vom Angeklagten abgebildete Uniform wegen einiger Elemente an eine SS-Uniform. Abbildungen, die lediglich den Anschein eines verfassungswidrigen Kennzeichens erwecken würden, erfüllten jedoch nicht diesen Straftatbestand. Zudem habe der Künstler mit einem Fragezeichen auf der Krawatte des abgebildeten Mannes "seine Distanzierung hiervon deutlich zum Ausdruck gebracht", so das Gericht.

Eine schwerwiegende Verunglimpfung des Staates oder einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht von Markus Söder sah der Senat nicht. Der Künstler habe mit dem Stilmittel der Satire "undifferenziert und plakativ" Kritik an von ihm empfundenen Missständen im Bereich polizeilicher Gewalt ausdrücken wollen. Ein Künstler dürfe sich in seiner Kunst auch politisch, überspitzt oder polemisch äußern.

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