München (epd). Die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) hat die Bundesregierung für deren Familienpolitik kritisiert. "Bayern ist ein Familienland", sagte Scharf nach der Kabinettssitzung am Dienstag in München. Die Staatsregierung habe "zwei wichtige Entscheidungen" getroffen und fange damit unter anderem auch "die Untätigkeit des Bundes" auf. Zum einen geht es um das Thema Kinderwunschbehandlungen, zum anderen um das sogenannte Seniorenmitwirkungsgesetz.

Seit November 2020 beteilige sich Bayern am Bund-Länder-Programm zur Kinderwunschbehandlung. In Bayern seien seither 6.800 Bewilligungen ergangen, die Finanzierung des Bundes sei für den Bedarf zu gering. Seit Mitte Oktober 2021 gebe es deshalb einen Förderstopp, erläuterte Scharf. Der Bund sei nicht bereit gewesen, die Mittel aufzustocken. Das Kabinett habe daher beschlossen, die Anträge ab spätestens 2023 "unabhängig von den Bundesmitteln" auf Kosten der Landeskasse zu bewilligen.

Sozialministerin Scharf sagte, sie halte diesen Zustand "als Mutter und als Politikerin" für unhaltbar. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP spreche beim Thema Familienpolitik seit Monaten über nichts anderes als Schwangerschaftsabbrüche, spielte sie auf die Abschaffung des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches (Werbeverbot von Schwangerschaftsabbrüchen) vor wenigen Tagen an: "Der Bund macht Politik für Schwangerschaftsabbrüche, wir machen Politik für die Kinder."

Das neue Seniorenmitwirkungsgesetz, ein gemeinsamer Wunsch der Koalitionspartner CSU und Freie Wähler, wurde am Dienstag ebenfalls im Kabinett beschlossen. Bereits jetzt verfügten gut 90 Prozent der Kommunen im Freistaat über Seniorenvertretungen. Künftig soll es einen Landesseniorenrat mit einer Geschäftsstelle im Ministerium geben. Die "LandesSeniorenVertretung Bayern" hatte auf diese Pläne bereits mit Enttäuschung reagiert: Das geplante Gremium sei nicht unabhängig.