Erlangen (epd). Eine Langzeitstudie der Universität Erlangen-Nürnberg zeigt, dass es sich positiv auf das Leben im Gefängnis und nach Haftentlassung auswirkt, wenn heroinabhängige Gefangene Drogenersatzstoffe bekommen. So erlitten diese seltener Opioid-Rückfälle als nicht Substituierte, teilte die Uni am Mittwoch mit. Das Projekt "Haft bei Opioidabhängigkeit - eine Evaluationsstudie" wurde vom Bayerischen Justizministerium mit fast 540.000 Euro gefördert.

Das Forschungsteam um Professor Mark Stemmler vom Lehrstuhl für Psychologische Diagnostik, Methodenlehre und Rechtspsychologie untersuchte der Mitteilung zufolge eine Stichprobe von 247 Gefangenen in bayerischen Haftanstalten und befragte zusätzlich Justizvollzugspersonal. In einer Längsschnittstudie wurden die Opioidabhängigen kurz vor ihrer Entlassung, einen Monat sowie drei bis sechs und zwölf Monate nach der Haftentlassung zum Drogen- und Substitutionsgebrauch befragt. Auch wurden Speichelproben ausgewertet sowie Justizpersonal befragt.

Bei Gefangenen, die während der Haft mit medizinischen Drogenersatzstoffen behandelt wurden, sei nicht nur der Konsum von Opioiden, sondern auch der von illegal erlangten Substitutionsmitteln vermindert worden. Auch verringere sich durch die Teilnahme an der Substitution die Langeweile in Haft, die als Risikofaktor für Drogenkonsum gelte. Die positiven Effekte hielten auch in den Monaten nach der Haftentlassung an, die Probanden verspürten ein geringeres Suchtverlangen und begingen in dieser Zeit weniger Betäubungsmitteldelikte. Nach zwölf Monaten in Freiheit seien die Effekte zum Teil noch spürbar, jedoch stark reduziert. Die Forschenden empfehlen daher zusätzliche psychosoziale Maßnahmen wie Drogentherapien.

Hintergrund der Studie war die Klage eines Häftlings vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Richter entschieden, dass eine kategorische Ablehnung einer Substitutionsbehandlung, ohne ärztliche Prüfung des Einzelfalles, gegen das Verbot der unmenschlichen Behandlung verstoße (Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention). Die steigenden Fälle der Substitutionsbehandlungen seien unter anderem der Anlass für den Freistaat Bayern gewesen, eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag zu geben.

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