"Wenn sich ein Kind zu schnell einem Schaf nähert, weicht das zurück. Das ist gleich ein Bio-Feedback", erklärt die Geschäftsführerin der Umweltstation Jugendfarm Erlangen, Eva Kneißl, die Arbeit der tiergestützten Pädagogik.

Die Methode spreche Menschen aller Altersgruppen an, besonders aber solche, mit denen die Pädagogen nicht sprechen könnten, die die Sprache nicht können, eine autistische Erkrankung hätten oder Menschen mit geistiger Behinderung. Nach dem Muster der Erlanger Jugendfarm ist jetzt eine tierpädagogische Farm in Bkeftine im Nordlibanon in Betrieb genommen worden, teilte die Stadt Erlangen mit.

Initiativen sollen bessere Lebensbedingungen in Herkunftsländern schaffen

Nachdem 2015 und 2016 viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen waren, habe Erlangen das Projekt auf einen Aufruf des Bundesministeriums für Entwicklungszusammenarbeit hin gestartet, erklärte Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik bei einer Pressekonferenz die Entstehung. Solche Initiativen sollten in den Herkunftsländern von Flüchtlingen bessere Infrastruktur und Lebensbedingungen schaffen. Der Kontakt zu Bkeftine sei vom Lehrstuhl für orientalische Philologie und Islamwissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen hergestellt worden.

Mit der nun aufgebauten "Waha-Farm" seien die Ziele der Zusammenarbeit aus seiner Sicht mehr als erfüllt worden, so Janik. Weil der Libanon derzeit in einer politischen und ökonomischen Krise stecke, werde die Stadt die Einrichtung für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung aus Mitteln der Städtepartnerschaft weiter unterstützen, kündigte Janik an.

Bürokratische Hürden nicht auf libanesischer Seite

Das Erlanger Projekt sei das einzige aus dem Sonderprogramm zwischen libanesischen und deutschen Städten, das zu Ende geführt worden sei, sagte Janik. Es wundere ihn angesichts bürokratischer Hürden nicht, dass andere Kommunen vor solchen Vorhaben zurückschreckten. "Und diese Hürden liegen nicht auf libanesischer Seite", stellte der Oberbürgermeister fest.

Hühner, Esel, Schafe, Ziegen und Ponys - die gleichen Tierarten, die auch in der Jugendfarm in Erlangen den Beschäftigten bei der pädagogischen Arbeit helfen, sind in die Waha-Farm in Bkeftine eingezogen, sagte Kneißl. Die libanesischen Beschäftigten waren im Rahmen der Zusammenarbeit seit 2018 zweimal in Erlangen, die Erlanger zweimal im Libanon. Dort berieten sie die Farm auch zu Fragen des Stall- und Gehegebaus, zum Futter und zum Misthaufen. Die Franken haben bei dem Projekt "interkulturelle Erkenntnisse gewonnen" berichtete Kneißl. Es sei etwa im Libanon nahezu undenkbar, einen Hengst zu kastrieren.

Kontakt zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen selbstverständlich machen

Tobias Ott, der bei der Stadt Erlangen für Städtepartnerschaften zuständig ist, erklärte, dass behinderte Menschen im Libanon bisher nicht stark gefördert worden seien. "Eltern konzentrieren sich auf die Förderung ihrer gesunden Kinder."

Man hoffe aber, mit dem Projekt beizutragen, den Kontakt zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen selbstverständlicher zu machen. Libanesische Eltern könnten hier etwas über das Entwicklungspotenzial ihrer Kinder erfahren.

"Die Waha-Farm ist so konzipiert, dass die behinderten Menschen nicht unsichtbar bleiben."