München (epd). Exotische Schädlinge, Starkregen und Dürre - die Folgen des Klimawandels machen den historischen Gartenanlagen der deutschen Schlösserverwaltungen in besonderer Weise zu schaffen. "Unsere Gärten sind als historische Denkmäler Unikate und Zeitdokumente", sagte der Leiter der Gärtenabteilung der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung (BSSV), Jost Albert, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Deshalb könnten beschädigte Pflanzen nicht einfach durch klimaresistentere Alternativen ersetzt werden. "Das ist wie bei einem Gemälde: Ersetzt man einen Farbton durch einen anderen, ist die ganze Komposition dahin", erklärte der Gartendenkmalpfleger.

Bei einer Fachtagung wollen die Gartenexperten der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Schlösserverwaltungen ab Mittwoch (31.5.) in Schloss Nymphenburg zum zweiten Mal über Zukunftsstrategien für die Gärten diskutieren. Die Tagung ist Teil eines Forschungsprojekts zum Klimawandel in historischen Gärten, das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert wird und 2024 abgeschlossen sein soll. Die AG Deutsche Schlösserverwaltungen wurde nach der Wiedervereinigung gegründet und umfasst 15 Institutionen, darunter die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die Fürst-Pückler-Stiftungen und die UNESCO-Welterbestätte Schlösser Augustusburg und Falkenlust.

Folgeschäden der Klimaerwärmung zeigen sich, so Fachmann Albert, bei den für Schlossgärten typischen Buchseinfassungen, wie sie zum Beispiel im Hofgarten der Residenz Ansbach zu finden sind. Akkurat geschnittene Buchsbaumhecken fassen dort die symmetrisch angelegten Beete vor dem gläsernen Zitrushaus ein. Doch die Schönheit ist gefährdet: Weil es in Deutschland immer wärmer wird, breiten sich die Anfang der 2000er-Jahre eingeschleppten Raupen des ostasiatischen Buchsbaumzünslers rasant aus.

Steigende Temperaturen schaffen außerdem ein Paradies für den Buchsbaumpilz. Während die Zünsler-Raupe bekämpft werden kann, ist gegen ihn kein Kraut gewachsen. "Wenn der Pilz einmal in der Anlage ist, sind die Pflanzen letztlich nicht mehr zu retten", sagte Albert. Weil aber der Buchs eine typische Pflanze des 18. Jahrhunderts sei, müsse man das Element der Buchseinfassungen aus Denkmalschutzgründen erhalten.

Nun experimentieren die Gärtner der deutschen Schlösserverwaltungen mit möglichen Ersatzpflanzen - nicht nur für den Buchs, sondern auch für andere Gehölze oder große Bäume, die immer öfter von Stürmen beschädigt werden. Die meisten Exoten wie die klimaresistente Douglasie kommen für Schlossgärten aber nicht infrage. Albert spitzt es zu: "Ich kann im historischen Garten statt Eschen keine Palmen setzen." Während es in einem Stadtpark reiche, einen schattenspendenden Baum fürs Wochenend-Picknick zu pflanzen, müssten für die Schlossgärten Ersatzpflanzen gefunden werden, die den Charakter des Gesamtkunstwerks erhalten.

Dennoch ist der Gartenfachmann vorsichtig optimistisch, denn die rund 80 Klima-Projekte der Schlösserverwaltungen zeigten "positive Ansätze". So erziele die Bayerische Schlösserverwaltung seit 2005 gute Erfolge gegen die Ausbreitung eines bestimmten Bodenpilzes, der die Feinwurzeln von Bäumen zerstört: "Die Bäume erholen sich, die Belaubung wird dunkler und dichter."

Die Kollegen in Sachsen wiederum seien dabei, mit dem Verfahren der Pyrolyse traditionelle Stoffkreisläufe wiederherzustellen. Dabei werde aus dem Grünschnitt der Gartenanlage unter Temperaturen von bis zu 750 Grad Celsius Pflanzenkohle hergestellt. "Die ist ein super Wasserspeicher und verbessert die Bodenqualität", erklärte Albert. Allgemein erlebten Stoffkreisläufe wie die Kompostierung "eine Renaissance".

In Hessen habe man ein Projekt zur Wissensvermittlung gestartet, in vielen deutschen Schlösserverwaltungen gehe man dazu über, wieder eigene Baumschulen aufzubauen, statt im großen Stil bei externen Anbietern einzukaufen. "Pflanzen geben Stresserfahrungen an ihre Samen weiter", sagte der Landschaftsarchitekt. Jungpflanzen aus solchen Samen kämen am gleichen Standort deshalb besser zurecht als Neuzugänge aus anderen Regionen.

Rückbesinnung auf traditionelle Strategien, gepaart mit neuen Ideen: Das ist für Jost Albert und seine Kollegen ein Weg, um die historischen Gartenanlagen deutscher Schlösser und Residenzen fit für die Zukunft zu machen.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden