Kaufbeuren, Tübingen (epd). Im Ostallgäu ist eine weitere unbekannte Menschenaffenart entdeckt worden. Die Fossilien - zwei Zähne und eine Kniescheibe - seien in unmittelbarer Nähe zum Menschenaffen "Udo" in der Tongrube Hammerschmiede gefunden worden, teilte die Universität Tübingen am Freitagabend mit. Der Fund von "Udo" war eine Sensation und machte die Tongrube bei Kaufbeuren 2019 weltbekannt: "Udo" lebte vor zwölf Millionen Jahren und konnte bereits aufrecht gehen. Bis dahin wurde angenommen, dass der aufrechte Gang sich erst Millionen Jahre später in Afrika entwickelt hatte.
Die neu entdeckte Menschenaffenart mit Namen "Buronius manfredschmidi" gehört zu einer anderen Art: Er sei der kleinste bekannte Menschenaffe und ein Zeitgenosse "Udos" gewesen, teilte die Uni mit. Er habe vermutlich auf Bäumen gelebt und sich vegetarisch ernährt. "Udo" hingegen sei ein Allesfresser gewesen. Der Fund zeige, dass die Diversität und Ökologie europäischer Menschenaffen komplexer gewesen sei als bisher bekannt. "Die Ablagerungsbedingungen lassen den Schluss zu, dass beide Menschenaffen zur gleichen Zeit dasselbe Ökosystem besiedelten", sagte Grabungsleiter Thomas Lechner.
"Buronius" war nur etwa zehn Kilogramm schwer und war damit laut Forschungsteam deutlich kleiner als alle heute lebenden Menschenaffen, die bis zu 200 Kilogramm wiegen können. "Udo" - der offizielle Name der Gattung lautet "Danuvius guggenmosi" - wog 15 bis 46 Kilogramm. Es sei wahrscheinlich, dass der blattfressende und leichtere "Buronius" sich länger in Bäumen aufhielt und auch besser klettern konnte als "Udo". Dieser hingegen konnte auf zwei Beinen gehen und ein größeres Gebiet durchstreifen zur Nahrungssuche. Konkurrenz um Nahrung konnten sie so vermeiden.
Der Name "Buronius manfredschmidi" geht auf den mittelalterlichen Namen für Kaufbeuren ("Buron") sowie den Zahnarzt und Hobbyarchaölogen Manfred Schmid aus Marktoberdorf zurück. Zeitgenosse "Udo" erhielt seinen Spitznamen anlässlich des 70. Geburtstags des Sängers Udo Lindenberg im Jahr 2016. Der offizielle Name "Danuvius guggenmosi" soll an den Fundort im Einzugsgebiet der Donau erinnern und an den Allgäuer Hobbyarchäologen Sigulf Guggenmos. Er hatte zusammen mit Manfred Schmid Ende der 1970er Jahre Fossilien in der ehemaligen Ziegelei "Hammerschmiede" entdeckt.
In der Tongrube "Hammerschmiede" gibt es seit 2011 wissenschaftliche Grabungen der Universität Tübingen, seit 2020 mit finanzieller Unterstützung des Freistaats Bayern. Rund 40.000 Fossilien von 150 Wirbeltier-Arten konnten bisher geborgen werden.
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