Nürnberg (epd). Eine Ausdehnung der zulässigen Tageshöchstarbeitszeit auf zwölf Stunden sind nach Ansicht des Leiters des evangelischen Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (kda), Pfarrer Johannes Rehm, weder familienpolitisch noch betrieblich sinnvoll. "Wir müssen der Arbeit ein gesundes Maß und einen gesunden Rhythmus geben, damit Berufstätigkeit und Familienleben in der Balance bleiben", sagte Rehm am Dienstag in Nürnberg. Er widersprach damit Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU), die eine Reform des Arbeitszeitgesetzes fordert. Aktuell beträgt die rechtlich zulässige Tageshöchstarbeitszeit zehn Stunden.

Die Vorstellungen des Arbeitsministeriums widersprächen dem Arbeitsschutz, sagte Rehm. Die Gefahr von Unfällen bei der Arbeit steige laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bereits ab der achten Arbeitsstunde exponentiell.

Problematisch sei auch der Vorschlag, längere Arbeitstage ausgerechnet in sozialen Berufen einzuführen. Scharf hatte diese Idee auf der Fachmesse ConSozial in Nürnberg vorgestellt. Gerade in den körperlich und psychisch besonders anstrengenden sozialen Berufen wie etwa in der Altenpflege sei das Arbeitszeitgesetz "ein unverzichtbarer Schutz, damit die Beschäftigten nicht ausbrennen und auch verlässlich Zeit für ihre Familien haben", sagte der kda-Leiter.

Auch Zwölf-Stunden-Tage auf freiwilliger Basis hält Rehm für wenig realistisch. In der Praxis könnten sich Arbeitnehmende schwer den Arbeitszeitwünschen ihres Unternehmens entziehen. Da die Produktivität mit der Arbeitszeit nachweislich ab- und die Fehlerhäufigkeit zunehme, seien extralange Werktage auch aus betrieblicher Sicht nicht unbedingt eine gute Option.

Das heutige Arbeitszeitgesetz ist laut kda-Leiter gut austariert: Es biete den besonders Belasteten in der Arbeitswelt mit zehn Stunden pro Tag als maximal möglicher Arbeitszeit einen guten Schutz. Gleichzeitig gebe es bereits ein hohes Maß an flexibler Gestaltung, indem das Gesetz Öffnungsklauseln für bestimmte Berufsgruppen enthalte. "Insofern sehen wir keinen Handlungsbedarf", sagte Rehm.

Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt ist die Einrichtung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern für Arbeit, Wirtschaft und Soziales.