Nach der Landtagswahl in Brandenburg haben Vertreter der Zivilgesellschaft Besorgnis über die hohen Ergebnisse für die AfD geäußert. Das brandenburgische Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus rief die Abgeordneten dazu auf, für Demokratie, Menschenwürde und Vielfalt einzustehen und Rassismus entgegenzutreten. "Wir fordern eine klare Kante gegen Rechtsextreme und ihre Politik", erklärte das Aktionsbündnis am Montag in Potsdam.
Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er befürchte eine noch stärkere Verrohung auf der Ebene der Sprache, aber auch mehr körperliche Übergriffe. Bei Besuchen von Schulklassen komme es bereits jetzt vermehrt zu Wortmeldungen, die "offensichtlich geneigt sind, den verbrecherischen Charakter des nationalsozialistischen Regimes infrage zu stellen".
Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, erklärte, die Gefahr rechtsextremer Wahlsiege bleibe bestehen, auch wenn die AfD nicht stärkste Kraft geworden sei.
Berliner Bischof Stäblein: "Gesellschaftliches Klima vielerorts vergiftet"
Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, zeigte sich erleichtert darüber, dass die AfD nicht stärkste Partei geworden ist. Menschenfeindliche Parolen und Extremismus dürften nicht die Oberhand gewinnen. Das gesellschaftliche Klima sei vielerorts schon viel zu vergiftet. Zugleich dürfe nicht über die hohe Unterstützung für Extremisten und Populisten hinweggesehen werden. "Die Auseinandersetzung um die Frage, wie wir leben wollen, muss geführt werden, braucht Orte, offene Orte - die Kirchen können und wollen solche Orte sein", mahnte der Bischof.
Es brauche jetzt "ehrlichen Streit", aber auch Schutz für die Menschen, die von Menschenfeindlichkeit direkt betroffen und bedroht sind, sagte Stäblein, der auch Beauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Flüchtlingsfragen ist. Wörtlich sagte der Bischof: "Die Stimmung, die gegen Geflüchtete gemacht wird, ist oft unerträglich."
Die SPD erreichte bei der Landtagswahl am Sonntag 30,9 Prozent, die AfD 29,2, das BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) 13,5 und die CDU 12,1 Prozent. Damit entfallen laut Landeswahlleitung 32 Sitze auf die SPD, 30 Sitze auf die AfD, 14 Sitze auf das BSW und zwölf Sitze auf die CDU. Weitere Parteien sind nicht mehr im Landtag vertreten.
Weniger Frauen im Brandenburger Landtag
Im Landesparlament sind künftig auch weniger Frauen vertreten. Insgesamt seien 26 Frauen in den 88-köpfigen Landtag gewählt worden, sagte der Leiter des Statistikamtes, Jörg Fidorra, am Montag in Potsdam. Bei der Landtagswahl 2019 gingen insgesamt 28 Mandate an Frauen. Aufgrund von Veränderungen bei den Abgeordneten gehörten dem Landtag zuletzt 32 Frauen an.
Die meisten weiblichen Abgeordneten stellt dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge die SPD, die künftig mit 15 Frauen im Landtag vertreten ist. AfD und CDU stellen künftig jeweils vier weibliche Abgeordnete, das BSW drei. Alterspräsident wird der 73-jährige frühere Intendant der Uckermärkischen Bühnen Schwedt, Reinhard Simon, der für das BSW in den Landtag gewählt wurde. Jüngster Abgeordneter wird der 24-jährige SPD-Parlamentarier Kurt Fischer sein. Das endgültige Wahlergebnis soll am 7. Oktober veröffentlicht werden.
Brandenburgs SPD-Generalsekretär David Kolesnyk sagte am Montag, für eine Regierungsbildung würden Sondierungsgespräche mit CDU und BSW angestrebt. CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann sagte, Auftrag für die CDU sei die Opposition. AfD-Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt sagte, seine Fraktion werde ihre Sperrminorität nutzen, um gegebenenfalls Verfassungsänderungen und andere Entscheidungen, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist, zu verhindern. Grüne und Linke kündigten für die neue Legislaturperiode eine starke außerparlamentarische Opposition an.
Kommentare
Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.
Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.
Anmelden