Tischtennisbälle klackern, Gummisohlen quietschen auf dem Hallenboden und ab und zu greift Trainer Stephan Meßlinger zum Mikrofon, um die neuen Ergebnisse zu verkünden. Seit zehn Uhr morgens wird an den 16 Tischtennisplatten, die heute in der Sporthalle des TV 09 Dietenhofen aufgebaut sind, gespielt, gecoacht und gejubelt.

Aber auch eine Niederlage ist nur halb so schlimm: An oberster Stelle geht es darum, Spaß am Spiel zu haben. 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit und ohne geistige Behinderung haben sich angemeldet, um beim inklusiven Tischtennisturnier gegeneinander anzutreten. Wer selbst gerade nicht spielt, kann sich draußen mit Kuchen, Wurst- und Käsesemmeln stärken.

Special Olympics: Zusammen unschlagbar

Einer der Teilnehmer ist Günther Ritschel (44). Beim Aufschlag ist er konzentriert, selten entgeht ihm ein Ball. "Sauber, Günther", feuert ihn sein Trainer an. Für Ritschel dient das Turnier der Vorbereitung auf die großen Spiele: Im Juni wird er als Athlet des "Team Germany" bei den Special Olympics Worldgames 2023 antreten, die in diesem Jahr unter dem Motto #ZusammenUnschlagbar in Berlin stattfinden.

Die gesamte deutsche Tischtennis-Delegation, bestehend aus zehn Athletinnen und Athleten mit geistiger Behinderung und zwei Unified-Teampartnern, ist an diesem Wochenende nach Dietenhofen gekommen, um sich mit Training und Theorieeinheiten auf die Spiele in Berlin vorzubereiten. Höhepunkt dieses Vorbereitungslehrgangs ist das offene Turnier.

Unified Sports

"'Unified Sports', das bedeutet, dass Menschen mit und ohne geistige Behinderung zusammen trainieren und an Wettbewerben teilnehmen", erläutert Daniel Strössner (38). Er arbeitet als pädagogischer Fachdienst in der Wohneinrichtung von Diakoneo in Bruckberg. Schon als Kind hat er mit dem Tischtennis spielen angefangen und sich vor zwei Jahren dazu entschieden, als Ritschels Teampartner zu trainieren. Das habe ihm auch wieder neue Motivation für den Sport gegeben:

"Ich hatte allein in den letzten Jahren ein wenig die Lust verloren, aber jetzt bin ich hochmotiviert für die Weltspiele", sagt Strössner.

Auch Günther Ritschel interessiert sich schon seit seiner Kindheit für Tischtennis: "Mit neun Jahren habe ich damit angefangen, Tischtennis im Fernsehen anzuschauen und dann hobbymäßig zu spielen", erzählt er. Seit über 25 Jahren ist er Mitglied der Tischtennisgruppe der Bruckberger Heime und seit mehreren Jahren spielt er auch im Verein des TV 09 Dietenhofen.

Seitdem hat er schon zahlreiche Medaillen bei Special Olympics Wettkämpfen auf regionaler und nationaler Ebene sammeln können. Ein sportliches Highlight waren für ihn zwei Goldmedaillen bei den nationalen Special Olympics 2022 in Berlin: eine im Einzel und eine im Doppel, die er zusammen mit seinem Unified-Team-Partner gewann.

Am Ende profitieren beide Seiten

Einmal pro Woche trainieren Ritschel und Strössner zusammen mit ihrem Trainer Stefan Meßlinger. In manchen Dingen gibt Meßlinger aber auch das Ruder ab: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass durch Unified-Team-Partner die Anleitung für taktische Vorgaben viel unmittelbarer und effektiver erfolgen kann als durch einen Trainer von außen", sagt Meßlinger.

Am Ende profitieren dann beide Seiten. "Ich bin immer der Hibbeligere und Nervösere von uns beiden, da beruhigt mich Günther dann oft. Im Gegenzug motiviere ich ihn manchmal, dass er auch mit Spannung an der Platte steht", erzählt Strössner.

Schon seit mehreren Jahren trainieren in Dietenhofen Menschen mit geistiger Behinderung aus der Einrichtung "Diakoneo Wohnen Bruckberg” zusammen mit Vereinsmitgliedern ohne geistige Behinderung in einer Mannschaft. Zum Tischtennisturnier sind auch Menschen aus anderen Einrichtungen angereist, wie zum Beispiel aus Erlangen, Rummelsberg oder Fürth.

Über Sport entwickeln sich Freundschaften

Die Einrichtung "Wohnen Bruckberg" erhielt 2015 den Status des bundesweit ersten und einzigen Qualifikationsstützpunktes für das Special Olympics Unified-Sportprogramm, sagt Diakoneo-Pressesprecher Markus Wagner. Die Einrichtung fördert nicht nur selbst "Unified Sports", sondern gibt die Erfahrungen mit dem Programm auch in Seminaren, Vorträgen und Schulungen an andere weiter.

Das Konzept gibt es nicht nur im Tischtennis, sondern auch in vielen anderen Sportarten, wie zum Beispiel im Basketball. "Das Besondere ist, dass sich über den Sport zum Beispiel auch Freundschaften entwickeln können, die sich sonst vielleicht nicht so leicht ergeben würden", sagt Wagner.

Am 17. Juni starten die Special Olympics Worldgames in Berlin. Daniel Strössner sieht die Spiele auch als Chance, Unified Sports einem breiten Publikum bekannt zu machen:

"Menschen verlieren die Hemmungen im Umgang mit Menschen mit Behinderung. Es bietet die Chance, alle Menschen als gleich zu betrachten und nicht zu kategorisieren."

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden