Was bedeutet Ostern für Sie persönlich?

Berthild Sachs: Ostern ist für mich der Inbegriff von Aufbruch – im Glauben, in der Hoffnung, in die Lebensfreude. Nach einer bewusst gestalteten Fastenzeit ist es wie ein Schritt hinein in die Fülle des Lebens. Und das zeigt sich für mich nicht nur geistlich, sondern auch ganz konkret in der Natur: Alles bricht auf – Farben, Blüten, das Leben verlagert sich nach draußen. Dieses Zusammenspiel von spirituellem, persönlichem und natürlichem Aufbruch ist für mich das Wunderbare an Ostern.

Gibt es eine Ostererinnerung, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Ja, ich erinnere mich sehr lebendig an die Osternacht 1980 – die Erste, die ich nicht nur mitgefeiert, sondern auch mitgestaltet habe. Das war in Herzogenaurach, kurz nach meiner Konfirmation. Und das Kuriose daran: Es war das erste Mal Sommerzeit in Deutschland, und prompt hat das halbe Team verschlafen. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – wurde es ein ganz besonderes, fröhliches Ostererlebnis. Ich habe in dieser Nacht zum ersten Mal den liturgischen Weg vom Dunkel in das Licht des Ostermorgens bewusst mitvollzogen. Letztes Jahr durfte ich die Osternacht in Jerusalem feiern, am Ölberg mit Blick auf die palästinensischen Gebiete. Gerade dort, im Angesicht von Konflikt und Unfrieden, wurde die Osterbotschaft besonders lebendig: Diese Hoffnung auf Frieden nicht aufzugeben.

"Ohne Ostern gäbe es kein Christentum, keine Kirche, kein Evangelium"

Was macht Ostern aus theologischer Sicht so bedeutsam?

Ohne Ostern gäbe es kein Christentum, keine Kirche, kein Evangelium. Ostern ist der Ausgangs- und Anfangspunkt für das Weitererzählen der Erfahrungen mit Jesus Christus. Auch wenn die Evangelien chronologisch von Weihnachten ausgehen, ist Ostern der Dreh- und Angelpunkt unseres Glaubens.

Wie kann man heute die Auferstehung verständlich erklären?

Ich denke, die Auferstehung lässt sich nicht wirklich erklären – sie sprengt unseren Verstand. Für mich ist entscheidend: Durch Ostern hat Gott das letzte Wort über Jesus Christus. Die Menschen wollten ihn zum Schweigen bringen, aber Gott wollte, dass seine Botschaft lebendig bleibt. Ich spreche deshalb lieber von Auferweckung als von Auferstehung. Es ist ein Handeln Gottes, das nicht erklärt, aber erfahren und weitererzählt werden kann.

Warum ist Ostern mehr als das Happy End nach Karfreitag?

Weil Ostern kein Ende ist, sondern ein Anfang. Es beendet nicht einfach eine tragische Geschichte, sondern beginnt eine neue. Karfreitag bleibt mit seiner Dimension von Leid und Tod gegenwärtig, aber er steht jetzt im Licht von Ostern. Das ist für mich ein großer Trost – für das Leid in der Welt und für sinnloses Sterben.

Viele Menschen feiern Ostern eher als Frühlingsfest. Ist das problematisch?

Ich sehe das eher als Chance. Der Aufbruch in der Natur rund um Ostern ist ein Anknüpfungs- und Ausgangspunkt. Er kann uns helfen, die geistliche Dimension von Ostern besser zu begreifen: Aus scheinbar totem Holz erwacht neues Leben. Das ist eine starke Symbolik für die Osterbotschaft.

"Ostern zeigt: Gott steht für das Leben"

Wie kann Ostern in Krisenzeiten Hoffnung geben?

Ostern zeigt: Gott steht für das Leben – gegen allen Augenschein und gegen alle Todeskräfte. Daraus erwächst Hoffnung. Und für alle, die sich Gott verpflichtet fühlen, auch ein Auftrag: Für das Leben einzustehen.

Wie feiern Sie Ostern 2025?

Als Regionalbischöfin bin ich nach wie vor Pfarrerin, und so feiere ich Ostern auch dieses Jahr mit Gottesdiensten. An Palmsonntag predige ich in Pegnitz, am Ostersonntag in der Stadtkirche. Und am Karfreitag, an meinem dienstfreien Tag, werde ich in der Stadtkirche die Lukaspassion mitsingen. Die Musik ist mir da besonders wichtig – manchmal spricht sie tiefer als Worte.

Kann Ostern Menschen für Glauben und Kirche begeistern?

Ja, unbedingt. Gerade die Osternacht hat eine große Ausstrahlung. Sie findet zu ungewohnter Zeit statt, man muss sich aufraffen – und genau das bleibt in Erinnerung. Kinder sind fasziniert, wenn es dunkel beginnt und dann plötzlich die Glocken läuten und das Licht zurückkehrt. Das sind eindrückliche Erfahrungen.

Welche Rolle spielt Musik für Sie an Ostern?

Ostern darf in der Fülle gefeiert werden. Ob Posaunenchor auf dem Friedhof oder moderne Osterlieder – alles hat seinen Platz. Gerade im Kontrast zur Stille des Karfreitags entfaltet Musik ihre Kraft. Wenn die Orgel schweigt und nur schlichte Choräle gesungen werden, spürt man den Mangel und die Not. Und das macht den Osterjubel umso intensiver.

"Ein großer Wunsch von mir ist, dass alle christlichen Konfessionen Ostern am selben Sonntag feiern"

Was wünschen Sie sich für die Kirche in Hinblick auf Ostern?

Ein großer Wunsch von mir ist, dass alle christlichen Konfessionen Ostern am selben Sonntag feiern. Es wäre ein starkes Zeichen der Einheit. Derzeit verhindert das die komplizierte Kalenderberechnung. Eine einheitliche Regelung würde auch helfen, das Fest sichtbarer zu machen – ähnlich wie der gemeinsame Ramadan im Islam.

Welche biblische Figur aus der Ostergeschichte inspiriert Sie am meisten?

Maria Magdalena, die Jesus im Garten für den Gärtner hält, bis er sie mit Namen anspricht. Und die Emmausjünger, die in ihrer Trauer unterwegs sind und Jesus erst im gemeinsamen Mahl erkennen. Diese Geschichten zeigen: Ostern bringt Umkehr, Trost und neue Lebendigkeit.

Können Sie die Osterbotschaft in einem Satz zusammenfassen?

Ich versuch's mal: "Trau dich und freu dich, aufzustehen – ins Leben und fürs Leben."

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