Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx wirbt nach Erscheinen des Missbrauchsgutachtens um Vertrauen bei den katholischen Christen. Den Betroffenen sexuellen Missbrauchs gelte "unser erstes Augenmerk", schreibt Marx laut Mitteilung vom Freitag in einem Brief an die Gläubigen zu Pfarrgemeinderatswahlen am 20. März. Das Erzbistum wolle in der Prävention nicht nachlassen, es wolle diese Aufklärung und weiche ihr nicht aus.

Die Pfarrgemeinderatswahlen fielen in "stürmische Wochen der Diskussionen, der Wut, des Zweifels, der Enttäuschungen", sagte Marx weiter. Er rufe die katholischen Christen dennoch dazu auf, auch in schwierigen Zeiten in der Kirche mitzuwirken. "Wir und ich brauchen auch die kritischen Geister, die Zweifelnden und Suchenden." Er wolle alle, die darüber nachdenken, die Kirche zu verlassen, ermutigen, weiter mitzutun.

Am 20. Januar war das Gutachten über Fälle sexuellen Missbrauchs im Erzbistum München und Freising für den Zeitraum 1945 bis 2019 erschienen. Darin finden sich Hinweise auf mindestens 497 Opfer und 235 Täter, darunter 173 Priester. Auch Kardinal Marx wird vorgeworfen, nicht angemessen mit Opfern umgegangen zu sein. Die Standesämter in Bayern verzeichneten in der Folge ein stark gestiegenes Interesse an Kirchenaustritten.

Marx sprach am Freitag von einem "Blick auf eine dunkle Seite der Vergangenheit und auch der Gegenwart der Kirche, die viele Menschen verstört und auch empört". Der Weg der Erneuerung und der Veränderung werde aber konsequent weiter beschritten. Es seien bereits "viele Zeichen des Aufbruchs" gesetzt. "Vertrauen Sie mir und auch den vielen an meiner Seite, die daran mitwirken", bat Marx.