Sie gehören zum Standardschmuck an US-amerikanischen Weihnachtsbäumen: Die rot-weiß gekringelten Zuckerstangen, die sogenannten "Candy Canes". Ohne sie ist in den Vereinigten Staaten Weihnachten kaum vorstellbar. Aus diesem Grund wird am 26. Dezember sogar der "National Candy Cane Day" begangen. Und auch in Deutschland gibt es die gebogenen Bonbonstangen auf vielen Weihnachtsmärkten und in Süßwarenläden zu kaufen.
Laut dem US-Verband der Zuckerbäcker (National Confectioners Association) sind sie - abgesehen von Schokolade - regelmäßig die meistverkaufte Süßigkeit im Monat Dezember. Das Grundrezept bestehe aus nichts weiter als Zucker, Maissirup, Pfefferminze und Stärke. Mittlerweile gibt es aber auch ausgefallenere Geschmacksrichtungen, von Zimt über Kaffee bis hin zu Speck und Saure Gurken.
Die Symbolik der Zuckerstangen
Viele amerikanische "Candy-Cane"-Gedichte gehen auf die Symbolik der Zuckerstäbe ein: Sie erklären, dass diese an einen Hirtenstab und damit an Jesus als den "guten Hirten" erinnerten. Stelle man die Stange auf den Kopf, erkenne man den Buchstaben "J" wie Jesus. Die Farbe Rot in der klassischen rot-weißen Zuckerstange bedeute, dass Jesus sein Leben für die Menschheit gegeben habe, so die gängige Erklärung. Die weiße Farbe deute auf die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod hin. Die Zuckerstange ist damit mehr als eine Süßigkeit, sie ist sozusagen eine Mini-Weihnachtspredigt.
Die Herkunft der "Candy Canes" ist umstritten
Der Ursprung der Zuckerstange könnte im schwedischen Gränna liegen, einem Städtchen, das bis heute als Zuckerbäckerstadt bekannt ist. Hier soll die Witwe Amalia Eriksson (1824-1923) die rot-weiß gekringelten, sogenannten "Polkagris" erfunden haben und durch sie zu Wohlstand gekommen sein. Jedes Jahr findet dort im Juli eine Weltmeisterschaft in der Polkagris-Herstellung statt - die längste Zuckerstange der Welt mit 287,7 Metern Länge wurde dort 1989 produziert und in das Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen.
Eine Legende besagt, dass die "Candy Canes" bereits 1670 in Köln erfunden worden seien. Der Kantor des Kölner Doms habe die Zuckerstangen bei einem Konditor in Auftrag gegeben, damit die Kinder seines Chores während der langen Gottesdienste nicht unruhig würden. Um das Naschen in der Kirche zu legitimieren, habe er den Konditor angehalten, diese in die Form eines Hirtenstabes zu bringen.
Laut Matthias Deml von der Dombauhütte Köln gibt es für diese Überlieferung allerdings keinerlei historische Belege. "Auch war Zucker bis weit in das 19. Jahrhundert ein rares Luxusgut, das man gewiss nicht so großzügig hätte verteilen können", sagte Deml dem epd.
Das Deutsche Weihnachtsmuseum in Rothenburg ob der Tauber hat über alte Weihnachtsbaumbehänge recherchiert. Aber: "In historischen Beschreibungen aus Deutschland wurde nie eine weiß-rote, gebogene Zuckerstange als Baumbehang erwähnt", sagt Museumsleiterin Felicitas Höptner. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg seien ihr Fotos aus deutschen Wohnzimmern mit Zuckerstangen an Weihnachtsbäumen bekannt. Deshalb nehme sie an, dass der süße Baumschmuck durch die amerikanischen Besatzer in Deutschland bekannt wurde.
Auch die Symbolik der Zuckerstäbe ist fragwürdig
Auch die tiefe Symbolik der "Candy Canes", die viele US-Christen in den Zuckerstangen sehen, stellt die Weihnachtsexpertin infrage: Wahrscheinlicher sei, dass man ganz praktisch überlegt habe, wie man Süßes an Zweigen befestigen kann - und so dazu kam, sie in Hakenform herzustellen.
Aber ein katholischer Geistlicher hatte immerhin seine Hände bei der Ausbreitung der Weihnachtssüßigkeit im Spiel: Der Priester Gregory Keller (1936-1979) half seinem Schwager, dem Geschäftsmann Bob McCormack, indem er eine Maschine erfand, die die Zuckerstangen formte und bog. Diese "Keller-Maschine" war der Anfang der "Candy Cane"-Industrie und der Massenproduktion von "Candy Canes".
Simone Roth von der Bodensee Bonbon Manufaktur in Eigeltingen bei Konstanz setzt hingegen lieber auf Handarbeit: Sie stellt pro Jahr Hunderte Zuckerstangen für "Candy Cane"- Fans in Deutschland her. Doch meist lande ihre Süßigkeit nicht am Weihnachtsbaum, sagt Roth. Sondern sie wird ohne Deko-Umwege direkt genossen.