Ein interessantes Buch kostenlos mitnehmen und eines dafür einstellen. Das ist die Idee des öffentlichen Bücherschranks, die seit fünf Jahren auch in Nürnberg gepflegt wird. Erst kürzlich wurden der zehnte und elfte literarische Selbstbedienungsladen eröffnet. Nummer 9 wenige Wochen zuvor am ökumenischen Gemeindezentrum bei der Martin-Niemöller-Kirche in Langwasser. Bei den Projekt-Initiatoren der Bürgerstiftung Nürnberg weiß man, wieso sich Kirchplätze für Bücherschränke eignen.
Nur mit christlicher Literatur lockt man keine Leseratten – das weiß auch Joachim Habbe, Pfarrer der Martin-Niemöller-Kirche, der mit seinem Team die Feinarbeiten an dem stählernen Schrank vorgenommen und dafür Beschriftungen eingeschweißt und aufgeklebt und nicht zuletzt kistenweise Bücher einsortiert hat. Peter Köhler vom Lions-Club Nürnberg-Franken, der durch die Organisation der Bücherbasare im Frankencenter viel Erfahrung hat, hatte die Erstausstattung gesponsert und will in den kommenden Monaten dafür sorgen, dass der Schrank immer gut bestückt ist.
Russische Bücher im öffentlichen Bücherschrank in Nürnberg
Auf den Regalbrettern im Schrank finden sich einfache Romane, Biografien, Literaturklassiker, natürlich ein bisschen Geistliches, aber auch Kinderbücher. Eine eigene Abteilung ist für russische Literatur vorgesehen – schließlich wohnen rund um das Gemeindezentrum viele Menschen mit Russisch als Muttersprache.
"Los ist bei uns immer was. Daher steht der Bücherschrank hier auch goldrichtig", sagt Habbe, während gerade Mädchen und Jungen aus dem Kindergarten strömen, Schüler zum Musikunterricht in die entsprechenden Räume kommen und hie und da einer die Martin-Niemöller-Kirche, die Räume der Freien Christengemeinde oder die auf demselben Komplex beheimatete St. Maximilian-Kolbe-Kirche ansteuern. Der von Steinmetz Attila Bartalis und Metallbauer Marc Robrock im Auftrag der Bürgerstiftung Nürnberg gebaute Bücherschrank wirkt auf dem Gelände wie ein natürlicher "Stopper". "Würden die Bücher in einer der Kirchen stehen, müssten die Menschen erst einmal durch die Kirchentüre durch. Das ist eine gewisse Hemmschwelle", meint Habbe, der dies locker nimmt.
Kirche als idealer Ort für Begegnung und Tausch
"Kirchen sind ja Begegnungsstätten, und öffentliche Bücherschränke bieten dazu eine Möglichkeit", erklärt dagegen Paul Sünkel, Vorstandsmitglied der Nürnberger Bürgerstiftung. Neben dem Kirchenzentrum in Langwasser gibt es noch Bücherschränke bei St. Ludwig, St. Egidien, nahe der Kirche "Zum guten Hirten" und einen bei der Jugendkirche LUX.
Als die Organisation im Jahr 2014 erstmals eine einst in Bonn entstandene Idee für Nürnberg aufgriff, sei es eine gewisse Herausforderung gewesen, Standorte in der Stadt zu finden. Von der Stadt Nürnberg eine Genehmigung für die Aufstellung eines Bücherschranks zu erhalten dauere, da viele Bereiche der Stadtverwaltung involviert sind. "Auf privatem Grund ist es unkompliziert. Wir freuen uns über die Zusammenarbeit mit den Pfarrgemeinden, die sich so ergeben hat", sagt Sünkel.
Sein Kollege Helmut Hantke ergänzt, dass man einen Bücherschrank nicht ganz ohne Aufsicht und Pflege lassen könne. "Da hat sich die Nachbarschaft zu Kirchen bewährt. Häufig haben einfach Gemeindemitglieder angefangen, sich um die Schränke zu kümmern", erklärt er. Mit demnächst zehn Bücherschränken im Stadtgebiet könne die Bürgerstiftung die Aufsicht mit ihren Ehrenamtlichen gar nicht mehr realisieren.