Die Digitalisierung stellt lieb gewonnene Gewohnheiten in Frage: Warum haben wir Städte, wenn jeder ein Smartphone hat? Wie funktionieren Firmen ohne Menschen? Wird Zukunft noch gestaltet oder schon programmiert? Wöchentlich diskutiert Christoph Holz mit bekannten Persönlichkeiten aus IT, Wirtschaft & Co über Zukunftsthemen und fragt nach dem Sinn und Unsinn hinter der Digitalisierung. Im Podcast "Digital Sensemaker" spricht Christoph Holz in dieser Folge mit einer der Macherinnen des Podcasts "Ethik Digital".
#122 “Vegane Trainingsdaten” mit Rieke C. Harmsen, Chefredakteurin von Sonntagsblatt.de
Host Christoph Holz spricht in dieser Folge über die vielschichtige Welt des Journalismus im Zeitalter der Digitalisierung. Wir beleuchten, wie sich Wahrheit und Objektivität in den Medien gestaltet und welche Rolle künstliche Intelligenz dabei spielt. Die Hauptthemen sind: Journalismus und Objektivität, KI im Journalismus, Ethik in der Technologie, Soziale Auswirkungen der Digitalisierung, Transparenz und Partizipation und die Rolle des Journalismus.
Wir veröffentlichen hier ein paar Zitate aus dem Gespräch.
Wie könnten denn Medienhäuser mit KI sinnvoll umgehen?
Rieke C. Harmsen: "Es gibt einen sehr interessanten Ansatz da im US-amerikanischen Raum, dort wird überlegt, ob es denn nicht sinnvoll wäre, dass sich die Medienhäuser zusammentun und ein eigenes LLM-Projekt angehen. Denn der Content, der in Newsrooms produziert wird, ist in der Regel sehr hochwertiger Content. Und damit lassen sich natürlich Modelle sehr sehr gut trainieren."
Siehst Du Künstliche Intelligenz positiv oder negativ?
Rieke C. Harmsen: "Ich bin sicher, dass mit Hilfe von KI-Systemen und Produkten Menschen laufen werden können, die bislang nicht laufen konnten, dass wir viele Krankheiten besiegen können und vielen Menschen helfen können. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass wir darüber sprechen müssen, wie wir alle Menschen mitnehmen und für Gleichberechtigung sorgen. Wir müssen sicherstellen, dass die Menschenwürde und die Menschenrechte gesichert werden. Und wir müssen Sorge dafür tragen, die Demokratie zu stärken. "
Hast Du Dir bei Artikeln schon einmal helfen lassen von ChatGPT?
Aber natürlich. Wir haben vor einem Monat einen großen Workshop organisiert für unsere Redaktion, bei dem wir mit verschiedenen Tools gearbeitet haben und etwa Bilder und Texte generiert haben. Eine Erkenntnis dabei war, dass die meisten Systeme bislang noch nicht gut dafür taugen, um zu recherchieren und auch nichts bringen, um Texte zu schreiben. Sie sind aber sehr interessant, wenn es darum geht, Ideen zu generieren oder Anregungen für Interview-Fragen. Außerdem sind die Tools interessant für die Distribution von Content, sie können uns also künftig helfen, die Arbeit zu organisieren. Insofern gehört die Nutzung von KI fest in unsere Redaktion und ich bin sicher, dass die Nutzung zunehmen wird.
Wo die Menschen sehr viel besser sind, ist die Quellenrecherche und der Umgang mit diesen Quellen. Für den Medienbereich bietet die KI wertvolle Tools. Es sind Werkzeuge, die wir gut verwenden können und die wir auch einsetzen sollten, um die Prozesse zu verbessern oder mit großen Datenmengen zu arbeiten.
Wird das die Arbeit im Journalismus verändern?
Rieke C. Harmsen: Zeitungen oder Onlinemagazin müssen heute sehr genau darauf schauen, was braucht denn der User und darauf müssen wir sehr spezielle Antworten finden. Und so verändert sich unsere Arbeit fundamental. und hier können uns Tools dabei helfen, stärker an diese Bedürfnisse dranzukommen und diese auch zu befriedigen.
Werden wir geflutet von KI-erzeugten Fake News?
Rieke C. Harmsen: Was uns in der Redaktion sehr bewegt, ist diese Frage nach Informationen und ihren Quellen. Ich glaube, wir werden bald geflutet von Informationen und Fakenews. Wie entscheiden wir als Nutzer, welche Informationen wir bekommen? Woher bekommen wir sie? Sind die Informationen authentisch? Viele Sprachmodelle sorgen ja dafür, dass wir nur noch die Quelle der Quelle der Quelle erhalten. Als Journalisten produzieren wir in einem Interview eine Erstinformation. Aber wie gelangt diese noch zu unseren Lesern? Die große Frage, die wir in der Branche lösen müssen ist die Frage nach der Kennzeichnung einer Urheberschaft. Vielleicht können wir ja ein System entwickeln, dass diese Urheberschaft eindeutig kennzeichnet.
Wie steht es um die Urheberschaft und Künstliche Intelligenz?
Rieke C. Harmsen: Bei einem Bild ist es inzwischen möglich, die Bildpunkte zu so kennzeichnen, dass der Weg des Bildes genau verfolgt werden kann. Es wäre doch schön, wenn es das auch für den Textbereich gäbe. Das finde ich einen sehr spannenden Ansatz, dass man sozusagen eben genau um dieses Thema Urheberschaft herum ein Netzwerk schafft oder ein System schafft, dass jeder sich wirklich sofort überzeugen kann, okay, wo wurde denn das Bild am Anfang, wo kam das überhaupt her? Und Kameras, die ja genau das Gleiche schon machen, also wo man sozusagen so einen Print drin hat, der eigentlich auch kaum noch getäuscht werden kann.
Und dann sind wir mitten in der Diskussion um die Urheberrechte. Die New York Times hat gerade geklagt gegen Microsoft und OpenAI, weil sie der Ansicht ist, dass es nicht sein kann, dass ihr Wissen in einem System landet und dort verschwindet und benutzt und verwendet wird und die Zeitung nicht davon profitiert. Es geht da einmal um diese geistige Schaffenskraft, die da drin steckt, aber natürlich auch um Monetarisierungsmodelle.
Ein ganz anderes System fährt der Springer-Verlag: Die gehen eine Partnerschaft ein mit OpenAI und verkaufen ihren Content. Ist das wirklich so sinnvoll? Denn den Content verkauft man einmal, aber der Nutzen, den diese KI-Maschinen davon ziehen, ist viel größer.
Wohin geht die Reise mit der Künstlichen Intelligenz?
Rieke C. Harmsen: Ich glaube, dass wir im Laufe dieser technologischen Entwicklungen dazu kommen, dass es einen Common Sense gibt, so wie wir ja auch in einer Demokratie darauf vertrauen, dass ein Staat funktioniert, dass wir Verbände haben als Kontrollorgane, dass wir Medien haben als kritische Rückmeldung. Und ich würde denken, dass wir an einen Punkt kommen, wo so eine Art Basisstruktur steht, auf die wir vertrauen können, wie du sagst, wo ich einfach weiß, okay, das ist jetzt gesichert, das Material, da muss ich jetzt nicht nochmal nachprüfen.
Podcast Digital Sensemaker
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Der Podcast Ethik Digital erscheint einmal monatlich und wird von Rieke C. Harmsen und Christine Ulrich gehostet. Der Podcast erscheint als Audio, Video und Text. Alle Folgen des Podcasts Ethik Digital gibt es unter diesem Link. Fragen und Anregungen mailen Sie bitte an: rharmsen@epv.de
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