Pfarrerin Sabine Meister ist am Gottesdienstinstitut der ELKB in Nürnberg unter anderem zuständig für Kasualien. Damit sind die Anlässe im Leben vieler Menschen gemeint, bei denen sie mit Kirche in Berührung kommen: Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung. Meister unterstützt und schult Pfarrer, Vikare und Ehrenamtliche unter anderem in Fragen rund um den Traugottesdienst.
 

Nur rund jedes fünfte Paar in Deutschland lässt sich noch kirchlich trauen. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Meister: Da gibt es mehrere Gründe: Früher wäre es ein Affront gewesen, nicht in der Kirche zu heiraten. Heute ist es kein gesellschaftliches Muss mehr. Außerdem ist es eine Frage der Autonomie. Menschen wollen selbst entscheiden, was für ihr Leben wichtig ist und befürchten, dass sich Kirche da einmischt. Viele Paare verbinden die kirchliche Trauung auch mit einem großen Fest und haben das Gefühl, sie können es sich nicht leisten. Das ist schade.

Trotzdem haben 2015 rund 44.000 Paare in Deutschland einen evangelischen Traugottesdienst gefeiert. Was erwarten sie von der Zeremonie?

Meister: Paare wollen etwas spüren, ihr Ja zueinander und ihre Liebe öffentlich und vor Gott aussprechen. Für viele ist die standesamtliche Trauung zu kurz, als dass sie sich hinterher als Mann und Frau fühlen. Bei der Zeremonie geht es um Emotionen: Da werden Taschentücher für die Freudentränen bereit gelegt. Eine häufige Frage in der Vorbereitung ist: Wann darf ich die Braut endlich küssen? Die Paare wählen gefühlvolle Musik und üppigen Blumenschmuck aus.  

Passt so viel Inszenierung denn zu einer kirchlichen Hochzeit?

Meister: Ich würde es nicht verurteilen, sondern sehe darin eher große existenzielle Sorgen. Für viele Menschen ist die Hochzeit der höchste Ausdruck ihrer Liebe. Sie haben das Gefühl, alles opfern und in das große Fest reinstecken zu müssen, damit die Ehe unter guten Vorzeichen steht und gut geht. Da kann ein Gottesdienst helfen, in dem die Paare Gottes Segen erbitten.