Auf einem parkähnlichen Friedhof Kaffee trinken und den Blick über denkmalgeschütze Grabmale schweifen lassen: Auf dem Evangelischen Zentralfriedhof in Regensburg ist dies möglich. Die evangelische Kirchengemeinde und die Lebenshilfe Regensburg eröffneten am Freitag Bayerns erstes inklusives Friedhofscafé. Das neue Café Vielfalt sei "wunderschön und richtig stylisch" geworden, sagte der Regensburger evangelische Dekan Jörg Breu bei der Einweihung. Damit sei es geeignet, "einen Kontrapunkt zum schweigenden Ernst der Gräber" zu setzen. Es könne Begegnungen ermöglichen "mit durchaus lachenden Menschen" und sei eine Einladung an alle, nicht nur Trauernde.

Inklusives Café ist "Ort des Lebens, des Respekts und der Vielfalt"

Das neue Café Vielfalt sei ein Ort des Lebens, des Respekts und der Vielfalt, sagte Breu. Die Kellnerinnen und Kellner bezeugten, "wie wertvoll das Leben und wie zerbrechlich wir alle sind", sagte Breu. Er wünsche sich, dass in diesem Café jeder und jede seine Meinung sagen könne, Anfeindungen aber seien nicht erlaubt. "Niemand muss sich hier bedroht fühlen oder kränken lassen", sagte der Dekan.

Träger des neuen Cafés ist die Lebenshilfe Regensburg. Ein Team aus zwölf geistig beeinträchtigten Menschen schenken dort Kaffee aus und bedienen. Zum ersten Mal würden sich laut Lebenshilfe damit Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt behaupten, und nicht in den Behindertenwerkstätten arbeiten. "Das ist ein toller, sinnerfüllender Arbeits- und Ausbildungsplatz", sagte Jürgen Auer vom Landesverband der Lebenshilfe in Bayern.

Friedhof füllt sich mit Leben

Für das Café Vielfalt wurde eine ehemalige Bethalle aus dem Jahr 1898 von der Kirche umgebaut und renoviert. Das Haus im Stil der Neorenaissance bietet 35 Gästen im Innenraum und 20 im Außenbereich Platz. Aus dem bislang als Maschinenhalle genutzten Gebäude ein "Café der Vielfalt zu machen, ist die beste Idee, die man für diesen Ort haben konnte", sagte Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD). Mit Freude beobachte sie an den Trauertagen im November, wie der Friedhof sich mit Leben fülle und ein Ort des Wiedersehens und der Familientreffen werde.

Neben dem Kaffeehausbetrieb wollen die Kirchenverantwortlichen in einer geschützten Ecke des Lokals auch Seelsorgegespräche anbieten. Das Evangelische Bildungswerk plant Infoveranstaltungen zu Beisetzungen und Testament, der Hospizverein Trauerbewältigungskurse. Aber auch an Konzerte und Hausmusik sei gedacht. "Gerne werden Tod und Trauer weggeschoben, aber der Tod gehört einfach zum Leben dazu", sagte Klaus Neubert, Geschäftsführer des Kirchengemeindeamtes in Regensburg. Auch das Landeskirchenamt bezuschusse das "Leuchtturmprojekt".

Perle unter den bayerischen Friedhofsanlagen

Der Evangelische Zentralfriedhof in Regensburg wurde ab 1896/97 angelegt und gilt als Perle unter den bayerischen Friedhofsanlagen: Im Jahr 1898 eröffnet, wurde er wie ein englischer Landschaftsgarten im Süden Regensburgs angelegt. Ein Mausoleum zu Ehren des Grafen Dörnberg mit einzigartigen Jugendstil-Mosaiken schließt die romantische Friedhofsanlage ab.