"Die Gefährdung der konvertierten Iraner ist anscheinend bisher nicht ausreichend im Blick", sagte die Bischöfin dem Sonntagsblatt. Hintergrund ist der Fall eines 21-Jährigen, dessen geplante Abschiebung nach Teheran in der vergangenen Woche vorerst scheiterte.

Der Iraner Hossein K. war zusammen mit seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester in Deutschland zum Christentum übergetreten. Seit mehr als einem halben Jahr hat er sich in einer Kulmbacher Kirchengemeinde engagiert, unter anderem als Dolmetscher in einem Bibelkurs mit rund zehn weiteren iranischen Asylbewerbern. Sein Glaube sei keinesfalls ein vorgeschobener Asylgrund, bekräftigt der Kulmbacher Gemeindepfarrer Jürgen Singer. Hossein K. sei mit voller Überzeugung Christ und niemals mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Auch habe sich der junge Mann immer loyal gegenüber dem Staat und seinen Behörden verhalten.

Nachdem ein erster Asylantrag des Mannes abgelehnt und die Duldung abgelaufen war, sollte eine Verhandlung über einen neuen Asylantrag vor dem Bayreuther Verwaltungsgericht stattfinden. Zwei Tage vorher wurde der Mann am frühen Morgen jedoch in Kulmbach von der Polizei in Gewahrsam genommen. Nur weil er sich danach selbst mit einer Klinge verletzte, wurde er nicht wie vorgesehen noch am selben Tag abgeschoben.

Todesdrohungen aus der Familie

"Es ist besser, als Christ hier zu sterben als im Iran", sagte Hossein K. später in einer auf YouTube geposteten Videobotschaft. Denn seinen Glauben könne er aus Überzeugung nicht verleugnen. Gegen die Mutter des 21-Jährigen habe es Todesdrohungen aus der im Iran verbliebenen Familie gegeben, berichtet Pfarrer Singer.

Im Iran drohen ehemaligen Muslimen, die zum Christentum übergetreten sind und ihre Entscheidung nicht rückgängig machen, schwere Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe. "Zum Christentum konvertierte Personen genießen überhaupt keinen Rechtsschutz", heißt es in einer Information der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Auf der Grundlage von vage formulierten Anklagen wie "Beleidigung des Propheten" oder "Feindschaft zu Gott" seien im Iran Todesurteile verhängt worden, so der Amnesty-Report 2017/18 zur Lage im Iran.

Noch am Abend der Polizeiaktion fanden sich in Kulmbach rund 50 Unterstützer zu einer spontanen Mahnwache zusammen; eine am gleichen Tag gestartete Online-Petition zum Abschiebestopp wurde (Stand 23. Januar) von mehr als 3313 Menschen unterschrieben.

Kein Einzelfall

Unabhängig davon fand mittlerweile der Termin vor dem Bayreuther Verwaltungsgericht statt, obwohl die Zentrale Ausländerbehörde dagegen mit Eilanträgen juristisch vorgegangen war. Etwa drei Stunden habe die Anhörung durch den Vorsitzenden Richter gedauert, hieß es im Anschluss. Bis zu einer endgültigen Entscheidung – damit wird erst in einigen Monaten gerechnet – dürfte der 21-Jährige auf freiem Fuß bleiben.

Hossein K. scheint indes kein Einzelfall zu sein. Durch eine weitere, bereits Anfang Dezember 2018 initiierte Online-Petition wurde bekannt, dass der zur evangelischen Kirche übergetretene Iraner Said F. in Abschiebehaft genommen worden sei. Angeblich hätten die Behörden ihre Abschiebeanordnung damit begründet, dass er seine "innere Überzeugung" nicht glaubhaft habe darlegen können. Getauft wurde der Asylbewerber vor rund drei Jahren vom Weidener Dekan Wenrich Slenczka, der jedoch seit Sommer 2016 kaum noch Kontakt zu dem Mann habe, wie er auf Anfrage sagte.

Für Regionalbischöfin Greiner persönlich ist die geplante Abschiebung des Mannes aus Kulmbach der erste Fall, der einen in der Kirchengemeinde engagierten Iraner betrifft. Sie sei "in großer Sorge, dass weitere folgen könnten", sagte sie in Bayreuth. "Für unsere getauften Iraner, für die wir besondere Verantwortung haben und die in ihrem Land hoch gefährdet sind, muss und werde ich als Regionalbischöfin laut und vernehmbar rufen." Auch künftig werde sie sich persönlich politisch für diese Menschen einsetzen.

Taufe nur nach sorgfältiger Prüfung

Fast zeitgleich zu den Entwicklungen in Oberfranken machte Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in der vergangenen Woche erneut deutlich, dass der Kirche ganz besonders die Situation von geflüchteten Menschen islamischen Glaubens am Herzen liege, die in Deutschland zum Christentum konvertiert sind und nach einer Abschiebung große Gefahren in ihren Heimatländern befürchten müssen. Im Münchner Presseclub sagte er, diese Menschen würden nur nach sorgfältiger Prüfung durch die Gemeindepfarrer getauft. Es sei deshalb undenkbar, dass Gerichte von außen über die Motive dieser Menschen zur Konversion entscheiden.

Deutlich kritischer äußerte sich freilich Anna Westermann, Beauftragte des evangelischen Dekanats Bayreuth-Bad Berneck für Flüchtlingsarbeit, gegenüber dem Sonntagsblatt. Als Vorsitzende des Vereins "Bunt statt Braun – Gemeinsam stark für Flüchtlinge" hatte auch sie mit dem Fall Hossein F. zu tun. Ihr Kommentar: "Es kann nicht sein, dass ein Land Kreuze aufhängen lässt und gleichzeitig Christen abschiebt."