Wenn Kirchenführerin Claudia Zimmermann in der großen Sebalduskirche auftaucht, gibt es keine langweiligen Vorträge. Sie kommt in der Nürnberger Tracht des Spätmittelalters und hat einen Bierkrug dabei, Brotteller, Salzbehälter, Kerzen und Stoffe. Sie deckt damit einen Abendbrottisch, wie er bei den einfachen Leuten aussah, "also bei denen, die nicht in den Büchern auftauchen", erläutert Zimmermann vor ihrem Auftritt, bei dem es um das spätmittelalterliche Fasten geht.

In damaligen Zeiten - die Sebalduskirche war noch katholisch - war das Fasten am Mittwoch und am Freitag vorgeschrieben, in der ganzen Adventszeit und in den sieben Wochen zwischen Aschermittwoch und Ostern. 150 Tage kommen so zusammen. Verboten waren damals Fleisch und Eier, erlaubt Getreide in Form von Brot oder Brei, Kohl, Zwiebeln und überraschenderweise die heute so hippe Mandelmilch.

Fasten im Spätmittelalter

"Das war im Mittelalter gar nicht so teuer. Überall, wo Wein gewachsen ist, standen auch Mandelbäume", erklärt die Kirchenführerin. Seit 20 Jahren beschäftigt sie sich mit dem Leben der einfachen Menschen im Mittelalter "hobbymäßig", derzeit studiert sie Mediävistik in Bamberg.

Sie kommt zu dem Schluss, dass damalige Köche Meister ihres Handwerks gewesen seien. "Die überlieferten Rezepte beschreiben detailliert, wie und was zubereitet wurde", schreibt Zimmermann auf ihrer Homepage. Keine Rede also vom oft behaupteten faden Einheitspampf.

Kirchenführerin Claudia Zimmermann über das Fasten

Fasten war damals für alle verbindlich. Wie immer gab es auch Ausnahmen: Schwer arbeitende Menschen oder Kranke mussten die Fastenzeit nicht einhalten, Kinder nicht unbedingt. "Das kommt einem aus dem Ramadan bekannt vor", sagt die Historikerin.

Und es gab Möglichkeiten, Vorschriften zu umgehen. Eine Speise, in der nichts drin ist, das die Fastenregeln missachtet, ist der Lebkuchen, hergestellt aus Mandeln, Honig und Gewürzen. "Er wurde das ganz Jahr über gegessen", erklärt Zimmermann.

Biber auf der Speisekarte

Kein Fleisch hieß, Fisch ist erlaubt. Fisch konnten alle Tiere sein, die im Wasser leben. Und dazu zählten auch die Biber, die dann in der Fastenzeit auf den Teller kamen. "Es sind leckere Biberrezepte überliefert", sagt Claudia Zimmermann, die auch Kochkurse anbietet. Sie weiß, wie man damals Fleisch anders nachmachte als mit Tofu und Seitan.

Falschen Hasen zauberten die Köchinnen und Köche aus einem Teig aus Brot oder Gemüse, aus dem man ein Hasentier formte und ähnlich dem Wildgericht würzte.

Fastenregeln aus Rom

Manche Fastenregeln mussten kulturell angepasst werden, denn die Fastenregeln wurden in Rom gemacht, wo schon damals mit Olivenöl gekocht wurde. Verboten waren aber Butter und Butterschmalz und Schmalz, die nördlich der Alpen auf dem Küchenzettel standen.

"Die Menschen waren ja Meister darin, alles zu verwerten", stellt Zimmermann fest, dazu zählten natürlich die tierischen Fette.

Zum Glück erließ ein Papst den "Butterdispens", die Erlaubnis, Butter in der Fastenzeit zu essen.

Wichtig sei aber nicht, wie, sondern dass man fastet, erklärt die Kirchenführerin. Fastenzeiten waren immer schon Vorbereitungszeiten.

Vorbereiten und Hinterfragen

"Es waren oft Zeiten, in denen sowieso wenig vorhanden war und in denen gespart werden musste". Das sei heute anders. Fasten bedeutet für Zimmermann, die vielen Dinge, die man unbewusst tut und sich selbst zu hinterfragen: "Muss das überhaupt sein?"

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