Der neue bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) will in den kommenden Tagen ein Meldesystem für antisemitische Vorfälle starten. Dort sollen niederschwellige Fälle wie Beleidigungen, aber auch strafrechtsrelevante Taten gemeldet werden können, sagte Spaenle nach seinem Antrittsbesuch bei der Jüdischen Gemeinde in München. Detaillierte Zahlen zu Antisemitismus in Bayern könne er derzeit nicht liefern, da bitte er um Geduld. Zunächst müsse die Lage analysiert werden.

Er bemerke aber, dass Antisemitismus nicht mehr nur von Rechts komme, sondern auch von Links, aus der Mitte der Gesellschaft und von Muslimen, sagte Spaenle. Antisemitismus gebe es nicht nur bei "grölenden Glatzen", sondern inzwischen auch bei Intellektuellen und Politikern. Auch in der Politik sei es salonfähig geworden, hier Grenzen zu überschreiten, kritisierte Spaenle. Außerdem bemerke er, dass "Jude" immer häufiger als Schimpfwort benutzt werde.

Knobloch: Vorfälle gegen Juden auf dem Vormarsch

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sagte, dass Judenfeindlichkeit in Deutschland immer noch ein "erhebliches Problem" darstelle. Daher sei es ein "wichtiges und gutes Zeichen", dass es mit Ludwig Spaenle nun in Bayern erstmals einen Antisemitismusbeauftragten gebe. Denn Vorfälle gegen Juden seien auf dem Vormarsch. "Das Beste würde es aber sein, wenn sein Amt überflüssig wäre", betonte Knobloch.

Vor allem die Hetze gegen Juden im Internet bereite ihr Sorgen, sagte Knobloch weiter. "Das Internet vergiftet unsere jungen Menschen, da kommen wir mit unserer Bildungsarbeit gar nicht mehr nach." Auch Spaenle sieht nach eigener Aussage, dass die Hemmschwelle, andere Menschen in sozialen Medien zu beleidigen, sinke. Daher brauche es eine Kultur des Hinschauens, forderte Spaenle. Um diesem Gedanken Rechnung zu tragen, sei auch sein künftiges Meldesystem gedacht.