Eisenbahn und Bibel – diese Kombination ist ungewöhnlich: In Sulzbach-Rosenberg drängt sich die Verbindung aber auf. Der Grund dafür liegt hinter einer Sandsteinfassade mitten in der historischen Altstadt. Hier war nämlich ab 1863 der renommierte Verlag J. E. von Seidel beheimatet.
1810 gründete der Verleger (1758-1827) die weltweit erste (und bislang einzige) interkonfessionelle Bibelanstalt, in der Bibeln für drei Konfessionen hergestellt wurden, die Heilige Schrit für evangelisch-lutherische, für katholische und für reformierte Christen. Die Ausstellung "Höchste Eisenbahn für eine neue Bibel!" zeigt Bibeln aus dieser Zeit, setzt aber viel früher an. Reproduktionen hoch- und spätmittelalterlicher Bibelhandschriften wie das Reichenauer Evangelistar und Faksimiles früher Drucke wie der ersten Lutherbibel zeigen die Entwicklung vom handgeschriebenen Kunstwerk über Drucke, die mit prächtigen Initialen eine Handschrift imitieren, bis zu den heutigen eher sachlichen Ausgaben. Am Ende der Reise durch 1000 Jahre Bibelgeschichte stehen zwei druckfrische Exemplare.
Eine Bibel für drei Konfessionen
Anlässlich des Reformationsjubiläums kam die revidierte Lutherbibel heraus, und das Katholische Bibelwerk veröffentlichte eine neue Einheitsübersetzung. Die Vorgängerin der Einheitsübersetzung stammt von einem 1793 in Sulzbach geborenen Theologen, Joseph Franz von Allioli. Seine Bibelübersetzung, erläutert Pastoralreferent Markus Lommer, der die Ausstellung konzipierte, sollte eine ganz besondere Ausgabe der Heiligen Schrift vom Markt drängen.
Johann Esaias v. Seidel, der evangelisch war, aber viele katholische Schriften druckte und sich zeit seines Lebens für die Ökumene einsetzte, hatte mit königlichem Privileg die erste Bibelübersetzung für alle drei christlichen Konfessionen – evangelisch, katholisch und reformiert – herausgegeben. Die Übersetzung stammte von Leander van Eß, einem ehemaligen Benediktinerpater. Die Ausgabe war sehr erfolgreich. Obwohl sie 1821 vom Papst auf den Index gesetzt wurde, gab es noch bis um 1970 Ausgaben davon, und die Gesamtauflage überschritt wohl die Millionengrenze.
Noch viele andere christliche Schriften verließen die Druckpressen der Herzogsstadt und sind in den Vitrinen im Maschinensaal ausgestellt. Neben der Van-Eß-Bibel und der Lutherbibel kann man eine deutsche Nachdichtung der Psalmen von Franz Joseph Weinzierl und Gebetbücher bewundern.
Der Verlag J. E. v. Seidel druckte auch die bekannten Sulzbacher Kalender. Ab 1838 wurden sie in bis zu 24 Einzelausgaben für Feuerwehrmänner, Geschäftsleute, Bauern, für die Jugend und andere produziert. Auch eine Ausgabe für "Protestanten und Katholiken" gab es.
Das Titelbild schmückte meistens eine Ansicht von Sulzbach. Schon Anfang 1860, also kurz nach der Eröffnung der Bayerischen Ostbahn, die Nürnberg über Sulzbach mit Regensburg verbindet, war auf dem Titelkupfer vor der Silhouette der Stadt ein Zug mit mehreren Wagen und einer offenen Lokomotive zu sehen. Alle paar Jahre wurde ein neuer Stich oder Holzschnitt verwendet, und bis 1880 zeigte er immer wieder das schnelle neue Verkehrsmittel, mit dem man zeigen konnte, wie modern man war.
Historische Kalendertitel für Eisenbahn-Fans
Die Ausstellung präsentiert Reproduktionen der historischen Kalendertitelseiten. Einige Ansichten sind stark vergrößert, sodass Eisenbahn-Enthusiasten alle Details erkennen und Stadtgeschichtler die Entwicklung des Orts genau verfolgen können.
Rund 4500 Druckstöcke aus der Kalenderproduktion haben sich im Seidel-Archiv erhalten, darunter sind etwa 20 Sulzbacher Stadtansichten von 1787 bis 1920. Eine Auswahl davon hat der Drucker Helmut Spies auf einem historischen Heidelberger Tiegel, einer Druckmaschine von 1958, gedruckt und zugänglich gemacht. Spies hat für die Ausstellung auch einen kunstvollen Sonderdruck mit einem Stich von 1860 gestaltet, der auch verkauft wird.
Was auf der Bahnstrecke später los war, als tonnenschwere Kokszüge zur Maxhütte nach Rosenberg dampften, hat Peter Raßkopf in Fotos festgehalten. So kommt in Sulzbach-Rosenberg die Bibel zum Zug, und Besucher können mit der Bahn durch 1000 Jahre Bibelgeschichte reisen.
Öffnungszeiten der Ausstellung "Höchste Eisenbahn"
Die Ausstellung "Höchste Eisenbahn für eine neue Bibel!" ist noch bis Montag, 21. August, in der Historischen Druckerei J. E. von Seidel, Luitpoldplatz 4, zu sehen. Geöffnet ist mittwochs, donnerstags und sonntags 15 bis 17 Uhr, samstags 10 bis 12 Uhr. Der Eintritt ist frei.