Der Tod ist ihnen ein ständiger Begleiter: 2012 stirbt die Mutter, 2014 der Vater. "Wir haben beide Eltern im Sterben begleitet", sagt Bettina Keller. Als die Krebsdiagnose der Mutter kam, sei sie zu den Töchtern gezogen. Die Mutter habe vor ihrem Tod die eigene Urne in der Hand gehalten. Der Vater verfügte 14 Tage vor seinem Tod, dass er im Kloster begraben werde wolle. "Unsere Eltern sind sehr offen mit dem Thema umgegangen", erzählt Eva Höschl.
Gleichzeitig habe die Mutter große Angst vorm Sterben gehabt. "Und der Papa hat sich das ganze Leben auf den Tod vorbereitet."

Die beiden Schwestern sprechen mit großer Ruhe, vielleicht mit der Gelassenheit derer, die wissen, dass sie alles getan haben. "Wir hatten immer Glück, dass wir uns auf den Abschied vorbereiten konnten", sagt Eva Höschl.

"Früher war der Tod ein Teil des Lebens."

Zwei Drittel der Deutschen wünschen sich laut einer Umfrage, zu Hause zu sterben, allerdings gehe der Wunsch in der Wirklichkeit nur für 20 Prozent in Erfüllung. Möglicherweise liegt das daran, dass sich Menschen die Betreuung eines sterbenden Angehörigen zu Hause nicht zutrauen. Früher kam das ganze Dorf vorbei, wenn jemand gestorben war, erzählt Höschl. Die Trauergemeinde saß beim Leichenschmaus, während im Nebenzimmer der Tote aufgebahrt war. Immer wieder stand jemand auf, ging zum Toten und verabschiedete sich. "Früher war der Tod ein Teil des Lebens." Jede Generation hat es von der anderen mitbekommen. "Seit der Industrialisierung wurde der Tod mehr und mehr in die Institutionen verlagert." Wer keine Erfahrungen mit dem Tod hat, könne sie auch nicht weitergeben. Unsicherheit und Angst erhöhten sich. "Alle wollen jung, sportlich, frisch und leistungsfähig sein. Für den Tod ist da kein Platz mehr", sagt Höschl.

Sterbebegleitung sei keine Wissenschaft, die nicht auch in der Familie und Nachbarschaft gelebt werden könne. Deshalb haben sich die beiden Schwestern zur Fachkraft Palliative Care an der Evangelischen Hochschule in Freiburg ausbilden lassen. Mit dem Angebot von Letzte-Hilfe Kursen möchten sie Wissen an die Hand geben und ermutigen, sich den Sterbenden zuzuwenden. "Zuwendung ist das, was wir am Ende des Lebens am meisten brauchen."

 Eva Höschl und Bettina Keller (rechts) aus Regensburg geben Letzte-Hilfe-Kurse.
Was ist wichtig, wenn jemand stirbt: Eva Höschl und Bettina Keller (rechts) aus Regensburg geben Letzte-Hilfe-Kurse.

Die Letzte-Hilfe-Kurse wurden in Anlehnung an die Rettungskette aus der Ersten Hilfe erarbeitet. Der Notfallmediziner und -forscher Georg Bollig hat die Kette der Palliativversorgung entwickelt, weil Erste und Letzte Hilfe keine Gegensätze darstellten. Erstere wollen das Überleben der Betroffenen sichern, Letztere die Linderung von Leid und die Erhaltung von Lebensqualität. Die Methode verbreite sich schnell in Dänemark, Norwegen, Schweden, Deutschland und in den osteuropäischen Ländern. In vier Modulen und vier Stunden werden die Letzte-Hilfe-Begleiter ausgebildet.

Jeder Sterbende brauche ein Gegenüber, um sich selbst zu spüren. Vor allem müssten Angehörige da sein. Dazu gehöre auch, Stille auszuhalten, nicht den Wunsch zu haben, das Schweigen mit Musik oder Erzählungen zu füllen, sagt Höschl. Der Kurs biete zudem praktische Tipps, wie man zum Beispiel mit der Mundtrockenheit von Sterbenden umgeht. Wie man durch Lagerung des Körpers den Sterbenden innere Ruhe geben kann. Oder wie man die Anzeichen des nahenden Todes erkennt und vieles mehr.

Die Konfrontation mit der Endlichkeit des Lebens habe den Schwestern gezeigt: "Wer sich mit dem Sterben beschäftigt, merkt, wie kostbar das Leben ist, und schafft es häufiger, das Leben zu genießen und es nicht auf morgen zu verschieben", sagt Eva Höschl.