Das Auswärtige Amt und das Bundesentwicklungsministerium wollen ihre Politik künftig nach feministischen Kriterien ausrichten. Die Vision ist es, die Vormachtstellung der Männer weltweit zu überwinden und zu echter Gleichberechtigung zu kommen.

"Nur wo Frauen und marginalisierte Gruppen sicher sind, sind alle sicher", heißt es etwa in den Leitlinien von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Gestärkt werden sollen durch feministische Politik insbesondere Frauen und Mädchen, weil sie der größte diskriminierte Teil der Weltbevölkerung sind.

Aber auch Gruppen, die politisch selten mitbestimmen können und häufig Gewalt ausgesetzt sind, wie Indigene, werden in den Blick genommen. Ebenso liegt ein Schwerpunkt auf homosexuellen und transidenten Menschen. Dabei konzentrieren sich die Ministerien auf drei Bereiche: Stärkung der Rechte, Zugang zu Ressourcen und mehr Repräsentanz ("3 R").

Lob und Kritik von Hilfsorganisationen

Von Hilfsorganisationen gibt es zum neuen Konzept Lob – aber auch Kritik. Das Bischöfliche Hilfswerk Misereor begrüßt in einer Erklärung, dass die Bundesregierung mit ihren neuen Leitlinien für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik Frauen und Mädchen stärker in den Fokus ihrer Politik stelle und damit den Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit ebne:

"Nachhaltige Entwicklung ist nur möglich, wenn weltweit Menschen- und Frauenrechte geachtet, geschützt und gewährleistet werden." 

Das Hilfswerk bemängelt allerdings, dass die Zivilgesellschaft in Deutschland zwar an der Erarbeitung der Leitlinien beteiligt gewesen sei, bei deren Umsetzung und Kontrolle aber als Partner kaum noch berücksichtigt werde.

"Auch die Zivilgesellschaft im globalen Süden spielt hierbei keine hinreichende Rolle."

Eine weitere große Herausforderung sieht Misereor darin, andere Ressorts – insbesondere das Wirtschafts-, Finanz-, Innen- und Verteidigungsministerium – in die feministische Außen- und Entwicklungspolitik einzubeziehen.

Frauen in den Blick nehmen

Positiv äußerte sich die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt" und Diakonie Katastrophenhilfe, Dagmar Pruin: "Aus unserer weltweiten Arbeit wissen wir, dass Hilfsprojekte dann besonders erfolgreich sind, wenn sie aus der Perspektive von Frauen gestaltet sind und Frauen in den Blick nehmen", sagte sie. "Dann profitieren ihre Familien, Gemeinden und die ganze Gesellschaft."

Pruin betonte, dass die Zivilgesellschaft, auch aus dem Globalen Süden, an der Erarbeitung der Strategie beteiligt worden sei. Dieser Dialog müsse "intensiv fortgesetzt" werden.

Martin Keßler, Direktor der Diakonie Katastrophenhilfe, warnte indes vor einer Politisierung humanitärer Hilfe. Denn diese "richtet sich einzig nach dem Maß der Not". Er fügte hinzu:

"Länder, in denen die Rechte von Frauen eingeschränkt oder missachtet werden, dürfen und müssen dafür kritisiert werden. Doch diese Kritik darf nicht durch gekürzte Hilfsgelder zum Ausdruck kommen. Sonst gefährdet sie Menschenleben."

Messbare Ziele fehlen

Die Welthungerhilfe wies darauf hin, dass weltweit 828 Millionen Menschen hungerten. "In allen Weltregionen sind es mehr Frauen als Männer, die hungern", erklärte die Leiterin der Abteilung Politik und Außenbeziehungen, Asja Hanano. Hunger lasse sich nicht beseitigen, ohne soziale Ungleichheit zu lösen.

Allerdings fehlten bei den Plänen zur Entwicklungszusammenarbeit messbare Ziele und konkrete Umsetzungspläne. Auch die Frage der Finanzierung bleibe offen.

Der Deutschland-Direktor der Entwicklungsorganisation One, Stephan Exo-Kreischer erklärte: "Wichtig ist jetzt, dass es nicht bei schönen Worten bleibt."

Er verwies darauf, dass sich SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag darauf geeinigt haben, die Ausgaben für Krisenprävention, humanitäre Hilfe, auswärtige Kultur- und Bildungspolitik sowie für Entwicklungszusammenarbeit im Maßstab eins zu eins gegenüber den Verteidigungsausgaben zu steigern. "Das ist bisher nicht passiert", kritisierte Exo-Kreischer.

(mit Material von epd)

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