Nürnberg (epd). Die Präsidentin der IPPNW Europa, der Internationalen Ärztinnen und Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Angelika Claußen, verlangt von den Atommächten Russland und den USA eine gemeinsame Willenserklärung, keine Atomwaffen im Ukrainekrieg einzusetzen. Vor der Tagung "Medizin und Gewissen" ihrer Organisation am Freitag in Nürnberg sagte Claußen, es sei nicht naiv, von US-Präsident Biden und der russischen Regierung ein solches Abkommen zu verlangen. Sowohl Russland als auch die Ukraine und das NATO-Bündnis seien derzeit "in einer Kriegslogik gefangen", aber ein solches Abkommen könne ein erster Schritt sein, den Frieden zu gewinnen.

"Klimakrise und die Atomkriegsgefahr sind menschengemacht", stellte die IPPNW-Präsidentin weiter fest. Sie forderte, Sicherheitspolitik auf der Grundlage der ökologischen Belastungsgrenzen neu zu denken. Es müsse einen Paradigmenwechsel geben, "der die Lebensgrundlage unseres Planeten und seine ökologischen Belastungsgrenzen in den Mittelpunkt allen politischen Handelns stellt".

Den körperlichen Gefahren der Klimakrise für die Menschheit werden nach Ansicht der Präsidentin der Tagung "Medizin und Gewissen", Dorothea Baltruks, politisch und gesellschaftlich viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Baltruks vom Berliner Centre for Planetary Health Policy sagte, es reiche ein Blick auf die Millionen Menschen, die in Pakistan durch Überschwemmungen alles verloren hätten, aber auch auf die Toten nach Hitzewellen in Europa, um zu sehen, "dass wir unsere Ökosysteme mit kaum absehbaren Folgen destabilisiert haben". Sie forderte ein Gesundheitssystem, das Wechselwirkungen mit gesellschaftlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Einflüssen ernst nehme.

Bei der Tagung werden sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum 75. Jahrestag der Nürnberger Ärzteprozesse auch mit neuesten Erkenntnissen zu diesen Prozessen befassen und über den Begriff "Lebenswert" sprechen, hieß es. Dabei soll der Bogen aus der Vergangenheit von einer "Medizin ohne Menschlichkeit" hin zum Wert des Lebens unter medizinethischen und gesundheitsökonomischen Bedingungen gespannt werden.

Seit dem 50. Jahrestag des Nürnberger Ärzteprozesses 1996 lädt die IPPNW-Regionalgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen zusammen mit der Deutschen Sektion der IPPNW in fünfjährigen Abständen zu den Kongressen "Medizin und Gewissen" ein.