Nürnberg, Schwäbisch-Hall (epd). Der Chef des evangelischen Sozialunternehmens Diakoneo, Mathias Hartmann, macht aus seinem Ärger keinen Hehl: "Wir werden von den bundespolitischen Rahmenbedingungen zu diesem Schritt gezwungen." Seit Jahren schreiben die Diakoneo-Kliniken in Nürnberg und Schwäbisch-Hall Millionen-Verluste. Alle Versuche, diese Defizite in den Griff zu bekommen oder Defizit-Ausgleichszahlungen von den Kommunen zu erhalten, sind inzwischen gescheitert. Als freigemeinnütziger Träger könne man so ein Minus nicht dauerhaft stemmen, sagte Hartmann. Die Abgabe der Klinikstandorte sei daher unvermeidbar.
Für die insgesamt drei Kliniken an den beiden Standorten hatte Diakoneo seit Jahresbeginn Partner oder auch Käufer gesucht. Für den Standort Schwäbisch-Hall liegen dem Sozialunternehmen zwei Angebote vor, über die in den kommenden Wochen noch detailliert verhandelt werden muss, betonte Hartmann. Zum einen bietet die Sana Kliniken AG als drittgrößte private Klinikgruppe Deutschlands eine Mehrheitsbeteiligung von 75,1 Prozent an. Der Landkreis Schwäbisch-Hall, der zuletzt den Antrag auf Defizit-Übernahme für die Diakoneo-Klinik "Diak" abgelehnt hatte, will das Krankenhaus zusammen mit der Heidelberger SRH Holding komplett übernehmen.
Für die beiden Nürnberger Diakoneo-Krankenhäuser, die Cnopfsche Kinderklinik und das Klinikum Hallerwiese, gibt es einen Interessenten: Dort hat das Klinikum Nürnberg, eines der größten kommunalen Krankenhäuser Europas, eine komplette Übernahme der beiden Diakoneo-Einrichtungen angeboten. Diakoneo-Aufsichtsrat und Kuratorium haben den Vorstand beauftragt, weitere Verhandlungen mit den Interessenten zu führen. Die Gespräche sollen so schnell wie möglich geführt und noch im Herbst die Ergebnisse präsentiert werden. Laut Hartmann halte man am Ziel fest, dass die neuen Klinik-Träger den Betrieb ab Januar 2025 übernehmen.
Für freigemeinnützige Klinik-Träger ist die finanzielle Situation seit Jahren mehr als angespannt. Während die allermeisten kommunalen Kliniken Defizit-Zahlungen von ihren Trägern erhalten, ist dies für freigemeinnützige Träger rechtlich schwierig - deshalb verweigern die Kommunen diese Zahlungen meistens. Bei der Diakoneo-Klinik in Schwabach ist die Lage ein wenig anders, die Kommune ist Mitgesellschafter. Auch dort führe man aber intensive Gespräche zur Finanzsituation. Hartmann erläuterte, die verschleppte Krankenhausreform des Bundes sei einer der Hauptgründe für die aktuelle Finanzmisere der Kliniken freigemeinnütziger Träger.
Alleine im vergangenen Jahr hat Diakoneo insgesamt einen Verlust von 21,5 Millionen Euro verbucht, das Gros stammt nach Angaben von Diakoneo-Vorstandschef Hartmann aus dem Klinikbereich. Schon 2022 gab es ein Minus wegen der Kliniken, auch 2024 wird damit gerechnet. Angesichts solcher Zahlen dürfte klar sein, dass die Suche nach potenziellen Partnern oder neuen Trägern nicht einfach war und ist. Laut Branchenkennern ist derzeit mit dem Verkauf von Kliniken kein Geld zu verdienen. Man müsse im Gegenteil eher Geld mitbringen, sagte ein mit der Situation der Diakoneo-Kliniken Vertrauter dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Das evangelische Sozialunternehmen Diakoneo (früher Diakonie Neuendettelsau) ist mit mehr als 11.000 Mitarbeitenden einer der größten diakonischen Träger in Deutschland und der größte Süddeutschlands. Heute gehören Seniorenheime, Behinderteneinrichtungen, Schulen und Kliniken dazu. Gegründet wurde sie am 9. Mai 1854 von Wilhelm Löhe als Diakonissenanstalt. 2019 fusionierte die damalige Diakonie Neuendettelsau mit dem Evangelischen Diakoniewerk Schwäbisch Hall und gab sich anschließend den Namen Diakoneo. Geleitet wird das Sozialunternehmen seit 2015 von Pfarrer Mathias Hartmann.
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