Erlangen (epd). Der Umgang mit dem antisemitischen Erbe im Protestantismus ist Thema einer Veranstaltung in Erlangen am Buß- und Bettag (Mittwoch, 16. November, 19 Uhr). In dem Gesprächsgottesdienst in der Hugenottenkirche Erlangen werde es um zwei Erlanger Geistliche gehen, den früheren Hugenottenpfarrer August Ebrard (1818 bis 1888) und den weniger prominenten ehemaligen Dekan und Pfarrer der Neustätter Kirche, Willhelm Biarowski, teilte das evangelische Dekanat mit. Referent ist Axel Töllner, Beauftragter der Evangelischen Landeskirche in Bayern für den jüdisch-christlichen Dialog.

Anlass für die Beschäftigung mit den Theologen ist ein Bericht in der Regionalzeitung vom April diesen Jahres, dass beide Erlanger 1880 die sogenannte Antisemitenpetition unterschrieben hätten, in der der Ausschluss der in Deutschland lebenden Juden von allen öffentlichen Ämtern und die Begrenzung des Zuzugs jüdischer Menschen ins Deutsche Reich gefordert wurde, sagte Pfarrerin Julia Illner aus dem Vorbereitungsteam dem Evangelischen Pressedienst (epd). In der evangelisch-lutherischen Gemeinde sei man darüber erschrocken gewesen und habe begonnen, sich mit dem Wirken Biarowskis auseinanderzusetzen.

Ähnlich habe die reformierte Gemeinde reagiert, der diese Seite August Ebrards gänzlich unbekannt gewesen sei, so Illner. Auch in einer 2022 herausgegebenen biografischen Schrift habe sich zu einer solchen Haltung nichts gefunden. "Ebrard muss wohl für die Reformierten des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle gespielt haben", heißt es auf der Website reformiert.de. Er war von 1847 bis 1853 erster reformierter Lehrstuhlinhaber in Erlangen und gehörte 1884 zu den Gründern des Reformierten Bundes.

Ende 1980 ermordeten Rechtsradikale in Erlangen den engagierten jüdischen Bürger Shlomo Lewin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschkeder ausgerechnet in der Ebrardstraße ergänzt Illner, "ein Zynismus der Geschichte".