Mit dem Ende kostenloser Corona-Tests registrieren einige Bundesländer vermehrten Betrug mit gefälschten Impfnachweisen bis hin zu einem regelrechten Handel. In Bayern seien Fälle im niedrigen dreistelligen Bereich bekannt, teilte das Bayerische Landeskriminalamt auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit. Je strenger Impfnachweise im öffentlichen Leben kontrolliert werden, desto mehr gehe man von ge- und verfälschten Impfpässen und -zertifikaten aus. Man habe aber bislang noch keine Hinweise auf einen organisierten überregionalen Betrug oder Handel mit Impfpässen oder -zertifikaten.

Ähnlich sieht die Entwicklung in anderen Bundesländern aus: Der Profit, den der Verkauf gefälschter Zertifikate nach sich ziehen könne, spreche ein Täterspektrum an, "das zumindest zum Teil auch professionell agiert", teilte das Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen mit. Nach seinen Angaben gibt es Fälle, die auf einen größer angelegten Handel mit Fälschungen vor allem im Internet schließen lassen. Auch in Bremen gibt es solche Hinweise, wie eine Umfrage des epd unter den Behörden der Bundesländer ergab. In Berlin spricht die Polizei nicht von Handel, nimmt aber entsprechende Angebote von Einzelpersonen in Messenger-Diensten wahr, wie sie mitteilte.

Impfnachweise: Es gibt bundesweit Betrugsfälle 

Bundesweit gibt es inzwischen Hunderte Fälle von Betrug mit falschen Zertifikaten. Genau lässt sich die Zahl nicht sagen, weil Fälle von gefälschten Nachweisen einer Corona-Impfung in der Statistik nicht explizit ausgewiesen werden. Nach Darstellung der Länder lassen sich über Suchbegriffe in der Statistik die Zahl der Fälle derzeit nur schätzen. Nordrhein-Westfalen meldete etwa Fallzahlen im "mittleren dreistelligen Bereich", Hessen "etwas mehr als 100" und Baden-Württemberg Fallzahlen im "oberen zweistelligen Bereich". Einige Länder konnten aber auch konkrete Zahlen nennen: In Sachsen und Sachsen-Anhalt wurden jeweils seit Mai 22 Fälle von Nutzung, Verkauf oder Angebot gefälschter Impfnachweise registriert. In Hamburg gab es bis Anfang Oktober 84 Verfahren, in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr neun Fälle.

Übereinstimmend meldeten mehrere Bundesländer, dass Fälschungen vermehrt in Apotheken auffallen, wenn Kunden für den vermeintlichen Impfnachweis auf Papier ein Zertifikat für den digitalen Nachweis bekommen wollen. "Die kriminelle Energie, die hinter den Fälschungen steht, ist erschreckend", sagte die Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen, Annette Rommel. Jeder Fall werde zur Anzeige gebracht. Ermittlungen gibt es in nahezu allen Bundesländern, konkrete Verurteilungen sind demnach aber bislang nicht bekannt.

Anpassung des Strafmaßes gefordert 

In der politischen Diskussion ist derzeit eine Anhebung des Strafmaßes für die Fälschung von Impfnachweisen. Sie wird nach mehrheitlicher Einschätzung der Länder als Fälschung von Gesundheitszeugnissen behandelt, die mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden kann, während auf die allgemeine Urkundenfälschung fünf bis in schweren Fällen sogar zehn Jahre Gefängnis stehen. Im Juni hatten sich bereits die Justizminister der Länder dafür ausgesprochen, die Strafmaße anzugleichen.

Nach einem Bericht des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" (Donnerstag) gibt es nun auch für die Ministerpräsidentenkonferenz, die am Donnerstag und Freitag in Königswinter (Nordrhein-Westfalen) zusammenkommt, die Forderung nach Strafverschärfungen. Eine Beschlussvorlage von Hamburg sieht vor, eine "lückenlose Rechtslage" zu schaffen, um Fälschungen von Impfnachweisen angemessen sanktionieren zu können. Dem Bericht zufolge hapert es bei der Verfolgung von Impfpass-Betrug auch daran, dass der Straftatbestand nur erfüllt ist, wenn Behörden und Versicherungsgesellschaften getäuscht werden, nicht aber wenn es um den Zugang etwa zu Veranstaltungen geht.