Evangelische Christen können seit Jahresbeginn einfacher die Kirche wechseln. Dank einer entsprechenden Vereinbarung zwischen drei evangelischen Kirchen in Bayern sei es nun leichter, in eine andere evangelische Kirche überzutreten, teilte die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) am Montag in München mit. Bisher war hierfür der Kirchenaustritt beim Standesamt und ein anschließender Kircheneintritt bei der anderen Kirche nötig.
Neue Regelung vereinfacht Übertritt drastisch
Mit der neuen Regelung würde der Übertritt zwischen ELKB, Evangelisch-reformierter Kirche in Bayern und Evangelisch-methodistischer Kirche erleichtert. Wolle jemand wechseln, genüge nun eine schriftliche Erklärung bei der zuständigen Pfarrerin oder dem zuständigen Pfarrer der neuen Kirche. Diese vereinfachte Form des Übertritts sei gemäß dem staatlichen bayerischen Kirchensteuergesetz unter Kirchen möglich, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, hieß es.
Veränderungen in der Praxis
Im Gegensatz zu Menschen in der ELKB müssen Mitglieder der Evangelisch-methodistischen Kirche keine Kirchensteuer bezahlen. Sorgt sich die bayerische Landeskirche also vor findigen Sparfüchsen, die mit einem Wechsel evangelisch bleiben, aber der Kirchensteuer entkommen wollen? Keineswegs, sagt ELKB-Sprecher Johannes Minkus. Ein Übertritt solle ausdrücklich nur aus Glaubens- und Gewissensgründen erfolgen, zitiert er aus dem Vertrag. "Ein Steuersparmodell ist die Regelung also nicht."
In der Praxis werde die Motivation des Wechsels beim Gespräch mit Pfarrer oder Pfarrerin beziehungsweise Pastor oder Pastorin thematisiert. Abgesehen davon habe die Möglichkeit, evangelisch zu bleiben und keine Kirchensteuer zahlen zu müssen, auch vorher schon bestanden, ergänzte Minkus: etwa durch den Eintritt in eine evangelische Freikirche.
Genau wie die ELKB ist auch die Evangelisch-methodistische Kirche eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das heißt: Sie könnte ebenfalls ihren Mitgliedsbeitrag in Form der Kirchensteuer erheben. Sie geht allerdings einen anderen Weg und setzt auf die freiwillige Beteiligung ihrer Glieder. "Die Evangelisch-methodistische Kirche regelt ihre finanzielle Ausstattung durch die Bitte um Spenden und weist darauf hin, dass christlicher Glaube und kirchliche Arbeit ohne die Bereitschaft zum Teilen, Opfern und Spenden nicht denkbar seien", beschreibt Minkus. Mitglieder von Freikirchen, und das gelte auch für die Evangelisch-methodistische Kirche, engagierten sich in der Regel sowohl finanziell als auch ehrenamtlich intensiv in ihren Kirchengemeinden und beteiligten sich meist intensiver am Gemeindeleben als man es innerhalb der ELKB kenne.
Gründe für die Vereinfachung des Übertrittsprozesses
Dass die Übertrittsmöglichkeit nun neu geregelt wurde, habe auch nichts damit zu tun, dass es zuletzt eine große Zahl an "Wechselwünschen" gegeben habe, ordnet Kirchensprecher Minkus ein. Vielmehr seien es vor allem theologische Gründe und die enge Verbundenheit der drei Kirchen, die zu dieser Änderung ohne die Zwischenschaltung staatlicher Organe geführt hätten. Tatsächlich gebe es solche Übertritte eher "vereinzelt"; "die Regelung hat auf jeden Fall einen starken symbolischen Charakter, die die Verbundenheit der drei Kirchen unterstreicht", betonte er.
Motivationen für einen Kirchenwechsel
Was aber motiviert Menschen dazu, von der einen zur anderen evangelischen Kirche zu wechseln? Es könne zum Beispiel sein, sagt Minkus, dass jemand das Leben in der anderen Kirche, etwa durch den Partner oder Freunde oder wegen Wohnortnähe oder Umzugs kennenlernt und die jeweilige Akzentsetzung gut findet - sei es im gottesdienstlichen Leben, im sozialen Engagement oder in der theologischen Ausrichtung. Wenn dies so weit gehe, dass er es "für sich selbst als maßgeblich für die eigenen Glaubensgestalt beschreibt", könne ein Wechsel sinnvoll sein.
Die ELKB hat 2,3 Millionen Kirchenglieder in 1.540 Kirchengemeinden, die Evangelisch-reformierte Kirche hat bundesweit 165.000 Mitglieder, davon ungefähr 8.500 in Bayern in zehn Gemeinden. Zur Evangelisch-methodistischen Kirche gehören bundesweit rund 46.000 erwachsene Kirchenglieder, davon in Bayern etwa 2.700 in 23 Gemeinden. Alle drei Kirchen gehören zur "Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa" (GEKE), früher "Leuenberger Kirchengemeinschaft" genannt: Sie teilen grundlegende Überzeugungen, pflegen miteinander Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und erkennen ihre Amtsträger gegenseitig an.