München (epd). Wenn Personen in der Familie oder im Kollegenkreis extrem rechte Aussagen machen, ist es nach Ansicht von Lukas Fuchs von der Beratungsstelle FUER aktuell wichtiger denn je, sich klar dagegen zu positionieren. "Ein Nicht-Verhalten kann es nicht mehr geben", sagte Fuchs, der als Koordinator in der Familien-, Umfeld- und Elternberatung zu Rechtsextremismus (FUER) in München arbeitet, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Rassistische oder andere menschenfeindliche Äußerungen müssten als solche benannt und eingeordnet und es müsse klar dagegen Position bezogen werden. "Wenn man da drumherum redet oder schweigt, führt dies zu einer gefährlichen Normalisierung dieses Gedankenguts", sagte Fuchs. Es sei unerlässlich, sich ganz klar zu demokratischen und humanistischen Werten zu bekennen.

Bei Lehrkräften beobachtet der Sozialwissenschaftler im Beratungsalltag derzeit eine "zunehmende Verunsicherung", ob sie sich überhaupt positionieren dürften. In einschlägigen Meldeportalen würden gezielt Angriffe gegen Lehrkräfte gefahren, um sie davon abzubringen, Stellung zu beziehen. "Bei menschenfeindlichen Äußerungen kann es aber keine neutrale Haltung oder ebenbürtige Diskussion mehr geben", sagte Fuchs.

In den letzten Jahren habe sich der gesellschaftliche Diskurs verschoben: Extrem rechte Verhaltensweisen und Äußerungen träten offener zutage, vorher Unsagbares werde scheinbar normaler, sagte Fuchs. Diese gesamtgesellschaftliche Entwicklung spiegele sich auch im privaten und familiären Rahmen wider. Familienangehörige und enge Vertrauenspersonen könnten sich angesichts fortschreitender Radikalisierung einer ihnen nahestehenden Person hilflos und überfordert fühlen. Gleichzeitig steige jedoch seit den großen deutschlandweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus im Januar 2024 auch die gesellschaftliche Sensibilität für das Thema. Die Zahl der Beratungsfälle bei FUER habe sich von 2023 auf 2024 fast verdoppelt.

In der Beratungsstelle FUER können sich Familien, Freunde oder Fachkräfte etwa aus der Pädagogik oder Sozialen Arbeit Hilfe holen, wenn sie in ihrem Umfeld Menschen haben, die extrem rechte Aussagen oder Verschwörungsideologien verbreiten oder wenn sie bei nahestehenden Menschen Veränderungen bemerken, die ihnen auffällig erscheinen, wie etwa einen neuen Kleidungsstil oder seltsame Symbole. Die Beraterinnen und Berater klären über extrem rechte Organisationen auf und unterstützen die Ratsuchenden darin, sich der eigenen demokratischen Haltung bewusst zu werden, diese auch zu vertreten und somit ihre Handlungssicherheit zurückzugewinnen. Die Beratungen können telefonisch, digital oder persönlich vor Ort in ganz Bayern stattfinden.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden