München (epd). Wenige Tage vor der Gedenkfeier zum Olympia-Attentat von 1972 hat sich der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) erneut um eine Lösung im Streit um die Entschädigungszahlungen an die Familien der Opfer stark gemacht. Spaenle habe einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geschrieben, in dem er als Modell die Entschädigungszahlungen nach dem Terroranschlag von Lockerbie im Jahr 1988 vorschlägt, teilte er am Sonntag mit. In dem Schreiben, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, fordert er den Bundeskanzler auf, noch vor dem Gedenken am 5. September eine einvernehmliche Lösung mit den Familien der Opfer herzustellen.

Die Mitverantwortung des damaligen libyschen Regimes am Anschlag von München stehe international außer Frage, schrieb Spaenle. Kernpunkt des Modells ist die Freigabe eingefrorener Mittel des für den Anschlag verantwortlichen Gaddafi-Regimes durch die UNO zur Entschädigung der Opferfamilien. "Vorgehen, Höhe und Modell bieten sich für die Lösung der Entschädigungsfrage im Fall des Olympia-Attentats an", betonte Spaenle.

Der Antisemitismusbeauftragte wirft der Bundesrepublik in dieser Angelegenheit "Staatsversagen erster Ordnung" vor und fordert, Deutschland müsse seiner historischen Verantwortung gerecht werden und die Angehörigen der Terror-Opfer entschädigen sowie die Überlebenden angemessen entschädigen. Bei den Entschädigungszahlungen zum Lockerbie-Anschlag wurden laut Schreiben pro Opfer später zehn Millionen US-Dollar ausgezahlt.

Spaenle zufolge gibt es eine internationale diplomatische Initiative zur Zahlung der Entschädigungen aus den eingefrorenen Mitteln des Gaddafi-Regimes. Die Bundesregierung weigere sich aber, diesen Schritt zu gehen.

Das Attentat palästinensischer Terroristen auf die israelische Olympia-Mannschaft in München jährt sich am 5. September zum 50. Mal. Bei den Olympischen Sommerspielen hatten palästinensische Terroristen in der bayerischen Landeshauptstadt die israelischen Sportler überfallen, zwei Menschen getötet und neun Israelis als Geiseln genommen. Sie verlangten von Israel die Freilassung von palästinensischen Terroristen und von Deutschland die Freilassung der RAF-Terroristen Andreas Baader und Ulrike Meinhof. Ein Befreiungsversuch der Geiseln durch deutsche Sicherheitsbehörden scheiterte. Am Ende starben alle Geiseln, ein Polizist und fünf Terroristen.