Die geplanten Deutschtests für Kita-Kinder würden nach Ansicht des evangelischen Kita-Verbandes Bayern evKITA zu einer weiteren Belastung der Mitarbeitenden führen. Kita-Mitarbeitende fielen nach aktuellen Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung deutlich häufiger wegen Krankheit aus als Mitarbeitende anderer Berufsgruppen, teilte evKITA am Freitag mit.

Fehlten Mitarbeitende, steige die Belastung und Mehrarbeit für die anderen weiter an, sagte Christiane Münderlein, Vorständin Bildung und Soziales bei evKITA. Auch vor diesem Hintergrund sehe man die von der Staatsregierung geplante Regelung zu verpflichtenden Sprachtests vor der Einschulung kritisch. evKITA vertritt aktuell etwa 700 Träger. Bayernweit bieten evangelische Kitas derzeit mehr als 110.000 Plätze für Kinder in rund 1.600 Einrichtungen an.

Der Verband befürchtet außerdem, dass ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand in den Einrichtungen entstehe, der nicht refinanziert werde. Eltern hätten sicherlich viele Rückfragen zu den Tests und Bescheinigungen an die pädagogischen Fachkräfte, was zu weiteren Belastungen führen werde, sagte Münderlein. Das Geld, das für das Testverfahren eingeplant sei, sei beim Ausbau von Kita-Plätzen oder für zusätzliche Sprachfachkräfte und Sprachfachberatungen in Kitas und Grundschulen sinnvoller angelegt, sagte die evKITA-Vorständin.

Alle Kinder sollen auf Deutschkenntnisse getestet werden

Am 23. Juli hatte die bayerische Staatsregierung bekannt gegeben, dass alle Kinder im Alter von etwa viereinhalb Jahren auf ihre Deutschkenntnisse getestet werden sollen. Sollte ein Förderbedarf festgestellt werden, werde das Kind "zum Besuch einer Kita mit integriertem Vorkurs Deutsch" verpflichtet. Vorgenommen werden sollen die Sprachtests durch die örtlichen Grundschulen. Kinder könnten nach einem weiteren Test bei der Schulanmeldung auch von der Einschulung zurückgestellt werden, hieß es. Erstmals angewendet werden soll das neue Verfahren für Kinder, die im September 2026 eingeschult werden. Zu Beginn des Jahres 2025 erhalten die Eltern von der zuständigen Grundschule ein Schreiben mit allen weiteren Informationen.

Seitdem wurde das Vorhaben von mehreren Seiten kritisiert. Tanja Brandl-Götz, Leiterin des Studiengangs Pädagogik der Kindheit an der Evangelischen Hochschule Nürnberg (EVHN) sieht in den geplanten Deutschtests für Kita-Kinder einen "ganz großen Rückschritt in der Bildungspolitik". Kinder würden mit dem Gesetzesentwurf der Staatsregierung nicht integriert, sondern ausgegrenzt, kritisiert Brandl-Götz. Auch strukturell gebe es viele offene Fragen, zum Beispiel, "wie die bereits jetzt überforderten Systeme Kita und Grundschule diese Zusatzaufgabe im Sinne der Kinder bewältigen sollen", so Brandl-Götz.

Zu viel Bürokratisierung

Auch die Doppelspitze der bayerischen Arbeiterwohlfahrt (AWO), Nicole Schley und Stefan Wolfshörndl, kritisiert die geplanten Sprachtests. "Bayern bürokratisiert sich wieder mal zu Tode", warnten sie in einer Mitteilung Anfang August. Statt Geld in Kontrollen und Tests zu investieren, müssten ausreichend Mittel ins System gegeben und muss proaktiv auf die Erziehungsberechtigten zugegangen werden, so Schley und Wolfshörndl.

Die bayerische Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) verteidigte Anfang August die Pläne. Es sei wichtig, alle Kinder, nicht nur die in Kitas, vor Schulbeginn zu erreichen. "Wir müssen neue Wege gehen, um Kinder so früh wie möglich beim Erlernen unserer Sprache zu unterstützen", sagte sie. Das neue Konzept stelle sicher, dass Kinder gezielter und früher eine Sprachförderung erhielten. Der "Deutsch Vorkurs 240" sei etabliert und bekannt. "Wir nutzen diese Struktur gezielt, um ein umsetzbares, praxistaugliches Konzept zu schaffen", so Scharf.

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