Die Achse der Autokraten und die westliche Wirtschaft 

Ihr neues Buch "Die Achse der Autokraten" stellt Applebaum im Literaturhaus nur kurz vor. Autoritäre Staaten wie Russland, China, Venezuela und Simbabwe unterstützten einander, ohne eine wirkliche Allianz zu bilden, kooperierten wirtschaftlich, militärisch und in einem "Krieg der Ideen" gegen den Westen, sagt sie. Diese Entwicklung ist für die meisten Zuhörenden nicht neu.  

Erschreckend ist hingegen Applebaums Diagnose, dass autoritäre Staaten wie Russland und China deshalb so erfolgreich seien, weil der Westen Kleptokratie zulasse. Mit anderen Worten: Autoritäre Staaten könnten ihr Geld waschen und vermehren, indem sie in westliche Institutionen investierten. Das alles geschehe in einer Schattenwirtschaft, einer "economy where people can escape regulations" - Applebaum meint damit Steueroasen, wie sie zum Beispiel die Schweiz auf westlichem Boden hat. Autoritäre Staaten nutzten diese mächtige ökonomische Quelle zu ihrem Vorteil.  

Trump, Elon Musk und der Ethics of Government Act 

Geld und Machtpositionen, Einzelpersonen, die ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen in der Politik verfolgen - eine solche Entwicklung gibt es nicht nur in autoritären Staaten wie Russland und China, Stichwort US-Präsidentschaftswahlen. Und auch wenn Applebaum die erste Frage des Moderators nach den USA noch positiv beantworten will und dem Publikum versichert, dass die USA eine Demokratie seien und bleiben, zeigt sie sich später mehr als besorgt.  

Denn mit Elon Musk, der unter Trump einen Posten im neuen Beratungsgremium des "Department of Government Efficiency" erhalten soll, wird in den USA gerade ein Präzedenzfall geschaffen. Eigentlich regelt der Ethics of Government Act von 1978 unter anderem, dass Personen in politischen Ämtern ihre finanziellen Interessen offenlegen müssen und sich nicht bereichern dürfen. Um mit Musk nicht gegen den Ethics of Government Act zu verstoßen, sondern ihn elegant zu umgehen, wird das Amt außerhalb der Regierung eingerichtet und Musk lediglich als Berater aufgeführt. Diese Entwicklung sieht die Journalistin und Historikerin äußerst kritisch.  

Wird die USA eine Autokratie?  

Auf die Frage des Moderators, ob man nun große Angst vor der Zukunft der USA haben müsse, verneint Applebaum erneut energisch. Obwohl es in den USA viel "drama" geben werde, obwohl es ihrer Meinung nach einen "desire for chaos" gibt, obwohl Trump eine Sprache verwende, die in Demokratien nicht üblich sei, und obwohl Applebaum durchaus davon ausgeht, dass Trump einige Elemente der Demokratie in den USA aushebeln wird, bleibt sie scheinbar gelassen. Diese Widersprüche zwischen ihren politischen Beobachtungen und den Schlussfolgerungen, die sie daraus zieht, hinterlassen ein großes Fragezeichen.  

Ein weiterer Punkt, der stutzig macht, ist ihre Antwort auf die Frage, was der kritische Moment sei, den Demokratien beobachten sollten, das Wesen der Autokratie, vielleicht auch eine Art tipping point. Dieser Punkt ist laut Applebaum "people willingly giving up their rights", also wenn Menschen freiwillig auf Rechte verzichten. Aber tun das die Menschen in den USA nicht schon? Wenn Frauen, People of Color und Migrant*innen Trump wählen, geben sie dann nicht schon Rechte auf oder nehmen in Kauf, dass sie ihnen weggenommen werden?  

Ein Plädoyer für demokratisches Engagement  

Anne Applebaum beendet ihren Abend mit einer positiven und ermutigenden Botschaft. "Wir sind nicht hilflos", sagt sie. Unser einziger Fehler sei es, die Demokratie als gegeben hinzunehmen. Weder Demokratie noch Autokratie seien unvermeidbar. Also müssten wir die Demokratie schützen, sie fördern, uns engagieren. "No engagement is wasted".  

 

Anne Applebaum. Die Achse der Autokraten, übersetzt von Jürgen Neubauer. Siedler Verlag 2024. 208 Seiten. 26 Euro.

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