Tausende Häftlinge, überwiegend polnische Juden, kamen durch die unmenschlichen Arbeitsbedingungen zu Tode. "Der Lebensalltag der Häftlinge im Konzentrationslager Buna-Monowitz war von Willkür und Misshandlung, unzureichender Ernährung und keinerlei Hygiene gekennzeichnet", sagt Sara Berger. Sie führt durch die Ausstellung "Die I.G. Farben und das Konzentrationslager Buna-Monowitz", die am Mittwoch begonnen hat. Die Schau ist bis 29. September im Cube 600 in Nürnberg zu sehen

Berger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt. Das Institut hat die Wanderausstellung über den einstigen Chemiekonzern I.G. Farben konzipiert. Sie zeichnet Entstehung, Alltag und Auflösung des Konzentrationslagers (KZ) Buna-Monowitz nach und thematisiert die

"enge Verflechtung von Wirtschaft und Politik im Nationalsozialismus".

Die Interessengemeinschaft (I.G.) wurde in der Weimarer Republik unter anderem von den Branchenriesen BASF, Bayer, Hoechst und Agfa gegründet und war bis 1945 das größte deutsche Privatunternehmen. Es errichtete in Absprache mit der SS in der Nähe des KZ Auschwitz eine Fabrik zur Produktion von Buna, einem künstlichen Kautschuk. Für die steigende Zahl an Arbeitssklaven entstand 1942 das firmeneigene KZ Buna-Monowitz (Auschwitz III).

Wer nicht mehr arbeitsfähig war, wurde ermordet

Genaue Zahlen lassen sich auch heute nicht aus den Archiven rekonstruieren. Berger grenzt die Opferzahl auf etwa 25.000 bis 30.000 ein. Wer zur Zwangsarbeit in der Fabrik abkommandiert wurde, lebte im Durchschnitt noch etwa drei Monate. Sobald Menschen nicht mehr arbeitsfähig waren, wurden sie in den Gaskammern in Auschwitz-Birkenau mit dem Gas Zyklon B von I.G. Farben ermordet.

Zu sehen sind im Cube 600 unter anderem historische Fotografien, die anlässlich eines Besuchs von Heinrich Himmler im Juli 1942 entstanden. Es finden sich auch autobiografische Texte von überlebenden Häftlingen, darunter sind bekannte Namen wie Primo Levi, Jean Améry oder Elie Wiesel. Aber auch Aussagen von anderen Überlebenden vermitteln einen Eindruck vom unermesslichen Leid.

Nach den Nürnberger Prozessen gegen die Hauptkriegsverbrecher folgten im Saal 600 des Justizpalastes weitere Nachkriegsprozesse. 1947/48 waren 23 Manager des I.G. Farben-Konzerns in Nürnberg angeklagt. Für zehn endete die Verhandlung mit einem Freispruch, die anderen bekamen geringe Haftstrafen. "Selbst sie kamen vorzeitig aus ihrer Haft, teils zogen sie wieder in Aufsichtsräte und andere Führungspositionen ein", konstatiert Berger.

Profitgier und Macht als einzige Interessen

Mit dem I.G. Farben-Prozess "kam Monowitz nach Nürnberg", ergänzt der Chef der Nürnberger Museen, Thomas Eser. Er hat für 2024/25 die Veranstaltungsreihe "75 Jahre Ende der Nürnberger Prozesse" konzipiert, in die auch die I.G. Farben-Ausstellung gehört. Zugleich nennt er "Profitgier und Macht" als die einzigen Interessen der harmlos daherkommenden Interessengemeinschaft. Für ihn hat eine Lektion aus dem Saal 600 bis heute Aktualität:

"Der menschliche Leib ist immer mehr wert als jedes vermarktungsfähige Produkt."

Die Ausstellung ist eine Kooperation des Fritz Bauer Instituts mit dem Memorium Nürnberger Prozesse und der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien. Die Akademie legt den Fokus auf das Völkerstrafrecht und die Menschenrechte. Die Nürnberger Prozesse gelten hier als "Präzedenzfall des Völkerstrafrechts". Direktor Professor Christoph Safferling bezeichnet die Ausstellung "als Blick zurück, um Probleme zu analysieren und in den Griff zu bekommen".

Bis heute sei das juristische Problem, "einzelne Industrieunternehmen als Ganzes völkerstrafrechtlich zu belangen", nicht gelöst. Deshalb seien schon bei den Nachfolgeprozessen in Nürnberg - neben I.G. Farben waren auch die Konzerne Krupp und Flick angeklagt - die Industriellen vergleichsweise gut weggekommen. Für Safferling besteht daher der Auftrag der Akademie, in die Zukunft zu blicken. "Da steht uns noch viel Arbeit bevor."

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