531.601 Menschen sind in Deutschland wohnungslos und haben kein dauerhaftes Obdach. Von Wohnungslosigkeit wird gesprochen, wenn Menschen ohne Unterkunft im Freien, in Notunterkünften und anderen institutionellen Unterkünften wie Gefängnissen und Kliniken oder bei Bekannten leben.  

Das Problem der Wohnungslosigkeit ist die gerechte Verteilung von Wohnraum. Denn während Menschen im Freien schlafen müssen stehen zeitgleich 1,9 Millionen Wohnungen leer. Der Leerstand entsteht durch strukturschwache und ländliche Räume, aber auch wegen Spekulation, Zweckentfremdung und der Umgehung von Regularien in Ballungsräumen. Zusätzlich zum Leerstand wird die Anzahl von Zweitwohnsitzen, die nur in Teilen der Zeit aktiv genutzt werden, auf weitere zwei Millionen Wohnungen geschätzt. 

Im Jahr 2024 lebten in Deutschland 531.601 Menschen in Wohnungslosigkeit. Dabei ist die Anzahl freier Wohnungen nicht das Problem, wirft man einen Blick auf die 1,9 Millionen leerstehender Objekte. 55 % dieser Wohnungen sind sogar seit über einem Jahr unbewohnt. Wie kommt eine solche Situation zustande und an welchen anderen Stellen gibt es Wohnraum im Überfluss, während Menschen auf der Straße, in Notunterkünften oder bei Bekannten schlafen?  

Wie definiert sich Wohnungslosigkeit?  

Wohnungslosigkeit begegnet uns im Alltag vor allem in Form von Menschen, die im Freien, auf der Straße in Zelten oder Autos leben. Dies ist aber nicht die einzige Form der Wohnungslosigkeit. Die Bundesregierung geht in ihrer Erhebung zu 2024 sogar davon aus, dass es sich hierbei um die kleinste Gruppe wohnungsloser Personen handelt.  

Die allermeisten Menschen, etwa 83 %, die in Deutschland ohne Obdach leben sind "untergebrachte wohnungslose Personen", die ihren Alltag in Notunterkünften und Übergangswohnheimen bestreiten oder aufgrund ihrer Wohnsituation länger als nötig in Kliniken oder Gefängnissen bleiben.  

Rund 60.400 Menschen leben in Deutschland außerdem verdeckt wohnungslos und kommen übergangsweise bei Bekannten und Freund*innen unter.  

Knapp zwei Drittel aller wohnungslosen Menschen in Deutschland sind männlich, ein gutes Drittel ist weiblich.  

Das Durchschnittsalter wohnungsloser Menschen hängt stark von der Form der Wohnungslosigkeit ab. Menschen ohne jegliche Unterkunft sind im Schnitt 43 Jahre alt und damit 12 Jahre älter als Untergebrachte. Rund 29 % aller untergebracht wohnungslosen Personen sind unter 18 Jahre alt, die Anteile Minderjähriger bei den anderen beiden Formen der Wohnungslosigkeit fallen deutlich geringer aus.  

Leerstand trotz Wohnraumknappheit   

Verschiedene Ministerien, darunter das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, legten zuletzt 2022 in einer Zählung der Gebäude und Wohnungen des Zensus dar, dass 4,5 % aller Wohnungen leer stehen. Leerstand bedeutet in diesem Fall, dass ein Objekt weder vermietet ist noch von den Besitzer*innen bewohnt wird. Wie passt das mit den Zahlen zur Wohnungslosigkeit zusammen?  

Das Problem: Leerstand entsteht vor allem außerhalb von Ballungsräumen, in ländlichen Gebieten und strukturell schwachen Nachbarschaften. In manchen Dörfern und Städten geht der Leerstand sogar so weit, dass sich ein sogenannter Donut-Effekt entwickelt. Der Dorfkern ist dabei verlassen, am Rand des Dorfes entstehen gleichzeitig Neubauten.  

Doch auch in Ballungsräumen, in denen Wohnraum knapp ist, kann Leerstand nicht gänzlich vermieden werden. In München zum Beispiel stehen schätzungsweise über 20.000 Wohnungen dauerhaft leer, obwohl Menschen händeringend nach Unterkünften suchen. Gründe für den Leerstand sind in solchen Fällen Spekulationen von Investor*innen, die Umgehung des Denkmalschutzes durch aktives Verfallenlassen von Häusern oder die Zweckentfremdung von Wohnraum für Gewerbe oder Ferienwohnungen.  

Trotz allem steht Bayern im deutschlandweiten Vergleich gut da. Konkret gibt es insgesamt rund 300.000 leerstehende Wohnungen (vor allem im Osten Bayerns), was 4,2 Prozent des Wohnraums entspricht. Wohnungslos hingegen sind laut Schätzungen der Diakonie jedoch nur 58.000 Menschen. Deutschland insgesamt ist im OECD-Vergleich in Europa im Mittelfeld dabei. 

Zweitwohnungen  

Ein vielleicht noch perfideres Phänomen im Hinblick auf die Wohnungslosigkeit sind Zweitwohnsitze. Schätzungen gehen von über zwei Millionen Zweitwohnungen in Deutschland aus, die in den meisten Fällen für das Pendeln zwischen Job und Familie genutzt werden. Solche Wohnsitze werden dauerhaft nur an bestimmten Tagen oder in bestimmten Wochen genutzt und bleiben den Rest der Zeit leer. Da Zweitwohnsitze sich häufig in Großstädten befinden, also nah an Arbeitgeber*innen, verschärfen diese das Problem der Wohnungsknappheit in Ballungsräumen.  

Zwar gibt es eine sogenannte Zweiwohnsteuer, aber die Einnahmen von 110 Millionen Euro jährlich sind im Vergleich zum Bundeshaushalt eher gering. Wofür die Einnahmen aus dieser Steuer verwendet werden, ist nicht einsehbar. Ein Problem der Zweitwohnsteuer ist außerdem: Kommunen entscheiden selbst, ob sie die Steuer erheben und wie hoch der Steuersatz ist.  

Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit – Besserung in Sicht?  

Bis 2030 will die Bundesregierung Wohnungslosigkeit überwinden, dazu liegt ein nationaler Aktionsplan mit Handlungsleitfaden vor, der sich allerdings weder mit Leerstand und ungenutztem Wohnraum noch mit Zweitwohnungen in Ballungsräumen befasst. Stattdessen sieht die Bundesregierung unter anderem folgende Punkte vor: Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, Stärkung des Wohngelds, bessere Akutversorgung und Stärkung der Vernetzung zum Thema Wohnraum.  

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) sieht derzeit allerdings kaum eine Verbesserung der Situation für Menschen ohne Unterkunft. Die Zahlen von 2024 zeigen sogar einen Anstieg von Menschen, die in kurzfristigen Unterkünften untergebracht sind. Obwohl bereits 2023 ein neuer Höchststand erreicht wurde, steigt die Tendenz weiter. Die Vorsitzende der BAG W sagt dazu: "Wir sehen es als klares Bekenntnis, dass der Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist. Wenn Wohnungslosigkeit bis 2030 überwunden werden soll, muss der Plan jetzt mit Nachdruck und konkreten Schritten umgesetzt werden – die betroffenen Menschen warten seit Jahren auf Veränderungen."