Das sogenannte "Examen" oder das "Gebet der liebenden Aufmerksamkeit" wurde von Ignatius von Loyola entwickelt, dem Gründer des Jesutienordens. Er lebte zur Zeit Luthers in Spanien. Die Jesuiten waren bekannt für ihre hohe Bildung , sie hatten großen Einfluss auf Könige und Kaiser im mittelalterlichen Europa.

Mit dem "Examen" zielten die Mönche darauf, mehr innere Klarheit in Entscheidungsprozessen zu finden und das Urteilsvermögen zu schulen. Heute wird diese Methode immer noch praktiziert und weiterentwickelt. Einer Pilotstudie des US-amerikanischen Forschers Thomas G. Plante zufolge soll sich die Praxis des Gebets von 15 Minuten pro Woche über einen Zeitraum von neun Wochen  positiv auf den unmittelbaren und langfristen Stress auswirken

Ich stelle Dir nun die Methodeals Schritt-für-Schritt-Anleitung vor, so wie ich sie selbst gerne praktiziere.Viel Spaß beim Ausprobieren!

Schritt 1: Ankommen (5 min)

Ich atme dreimal langsam und tief ein, sodass sich meine Lungen dabei komplett füllen. Ich nehme wahr, wie sich mein Körper in diesem Moment anfühlt – empfinde ich Spannung oder Entspannung? Leichtigkeit oder Schwere? Schmerz oder Wohlbefinden? Hitze oder Kälte? Ich nehme die Empfindungen wahr, ohne sie zu bewerten. Mit dem Ausatmen lasse ich meine Schultern bewusst fallen und entspanne sie. Ich lasse die Muskeln im Nacken und Kiefer los. Ich entspanne auch die Gesichtszüge.

Ich werde mir bewusst, mit welchen Emotionen ich in diese Übung gehe - welche Gedanken und Emotionen sind vom Tag noch präsent? Ich benenne diese Gedanken und lasse sie vorbeiziehen wie Wolken am Himmel.

Ich werde mir bewusst, in diesem Moment in der Gegenwart Gottes zu sein, der liebevoll auf mich blickt - was auch immer der Tag gebracht hatan positiven oder negativen Erfahrungen. Ich bitte Gott um Klarheit, den Tag in seinen Höhen und Tiefen und dem was Relevant war, heute zu sehen.

Schritt 2: Dankbarkeit (2 min)

Ich rufe mir in Erinnerung, was ich heute an Gutem erlebt habe. Gab es etwas Schönes, das ich gesehen habe, einen ermutigenden Gedanken, eine warmherzige Begegnung, dass ich genossen habe? Wann habe ich mich heute besonders lebendig gefühlt? Ich stelle mir die Szene vor meinem inneren Auge vor und erleben sie noch einmal mit allen Sinnen und Emotionen. Ich drücke Gott gegenüber meine Dankbarkeit aus.

Schritt 3: Umgang mit Schwierigem (3 min)

Ich lasse auch das Schwierige von diesem Tag in mein Bewusstsein strömen. Gab es Momente, die spannungsvoll, schmerzhaft oder traurig waren? Ich bringe diese Gedanken vor Gott und erzähle ihm davon wie einem guten Freund. Ich stelle mir vor, was er dazu sagen würde, als die liebevollste Person die ich mir vorstellen kann. Ich stelle mir vor, wie Gottes Licht und Liebe mich umgeben, jetzt in diesem Moment.

Schritt 4: Auf den nächsten Tag schauen (2 min)

Von dem ausgehend, was ich über meinen Tag heute gelernt habe, denke ich darüber nach, was ich mir für morgen wünsche ? Gibt es eine innere Haltung, die ich  einnehmen möchte? Gibt es etwas, worum ich Gott bitten will?

Um das Gebet abzuschließen drücke ich Gott gegenüber aus, was mir noch auf dem Herzen liegt. Ich nehme ein paar tiefe Atemzüge ein und aus, öffne meine Augen und komme sinnlich wieder ganz im Jetzt und in diesem Raum an.

Wie ging es dir beim Ausprobieren? Welcher Schritt tat dir besonders gut oder fiel schwer? Schreibe es gerne in die Kommentare.

 

Quelle der Studie:

Potential Benefits of the Jesuit Examen for Psychological Health and Well Being: A Pilot Study, Carolina Rader· Thomas G. Plante, Accepted: 17 September 2023 / Published online: 11 October 2023

Anleitung Tagesrückblick

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